Benjamin Adrion, ehemals Profi-Fußballer bei St. Pauli und Begründer der Hilfsorganisation Viva con Agua, über die Ethik des Helfens. Wir sprachen mit ihm über sein Projekt und die Motivation für sein Engagement.

Was ist Viva con Agua genau?

Benjamin Adrion: Viva con Agua ist ein gemeinnütziger Verein, der sich einsetzt, um die Trinkwasserversorgung in Entwicklungsländern zu verbessern. Das heißt, wir sammeln Geld mit verschiedenen Aktionen – mit Veranstaltungen, mit Schulaktionen, mit den verrücktesten Ideen, die man sich einfallen lassen kann -, um Geld für die Deutsche Welthungerhilfe zur Verfügung zu stellen, die dann die Projekte zur Trinkwasserversorgung durchführt.

Für eine bessere Welt:: Welche Projekte habt ihr bereits gemacht und was plant ihr aktuell?
Benjamin Adrion: Wir sind bislang in vier Ländern aktiv gewesen. Wir haben in Kuba begonnen, wo wir Trinkwasserspender in Kindergärten aufgestellt haben. Wir haben in Äthiopien Tiefbrunnen bohren lassen und haben das Geld für das Milleniumsdorf in Manigri in Benin zusammen, wo die Bohrung der Schachtbrunnen unmittelbar bevor steht. Aktuell sammeln wir Gelder für ein Milleniumsdorf in Ruanda, wo die Trinkwasserversorgung durch so genannte Quelleinfassungen hergestellt werden soll. Das heißt es gibt dort bereits Quellen, diese müssen jedoch eingefasst werden, damit man dort auch sauberes Trinkwasser bekommen kann.

Wie sieht eigentlich der typische Ablauf eines Projektes aus?

Benjamin Adrion: Es geht damit los, dass wir hier in Hamburg bei Viva con Agua überlegen, wie wir das Geld für neue Projekte zusammen bekommen. Gemeinsam mit der Welthungerhilfe schauen wir, welche Projekte wir am besten unterstützen könnten. Dann sammeln wir die Gelder und überweisen diese an die Welthungerhilfe. Diese führt die Projekte dann möglichst zeitnah durch.

Welches Mitspracherecht hat die Welthungerhilfe und wie autonom seid ihr mit euren Entscheidungen?

Benjamin Adrion: Es ist auf jeden Fall sinnvoll auf die umfangreichen Erfahrungen einer so großen Organisation wie die der Deutschen Welthungerhilfe zurück zu greifen – es ist immerhin die größte NGO in Deutschland. Aber wir haben uns, nach gemeinsamen Beratungen, schon recht autark dafür entschieden, zunächst einmal die Trinkwasserversorgung in den so genannten Milleniumsdörfern in Afrika sicher zustellen – das sind sieben Dörfer der Deutschen Welthungerhilfe, bei denen versucht wird, die Milleniumsziele umzusetzen. Das ist die gemeinsame Linie, die wir festgelegt haben.

Kann man bei euch auch aktiv mitmachen?

Benjamin Adrion: Ja, klar – das war sogar von Anfang an die Idee dieses Projekts. Viva con Agua ist keine feste, hierarchische Organisation, sondern ein offenes Netzwerk, zu dem jeder Zugang bekommen kann. Wir wollen den Menschen Möglichkeiten eröffnen, um sich einzubringen und sich zu engagieren. Sei es durch ihre Kontakte, durch ihr privates Umfeld oder die Möglichkeiten, die sie selbst für sich sehen. Das ist ein ständiger Prozess, wobei wir versuchen ein Motivationskatalysator für die Leute zu sein, die kommen und sagen: Ich hab eine Idee, die Sache gefällt mir, und ich will einfach was machen. Dann kann man uns einfach eine E-Mail schreiben oder uns anrufen und gemeinsam findet man tausend Möglichkeiten.

Wie sehen eigentlich Deine Aufgaben bei Viva con Agua aus?

Benjamin Adrion: Also man kann schon sagen, dass Viva con Agua recht stark über mein Gesicht kommuniziert wurde – erstens weil ich das Projekt gegründet habe und zweitens weil ich damals Spieler beim FC St. Pauli war und damit eine gewisse Bekanntheit – zumindest hier in Hamburg – habe. Aber in der täglichen Arbeit hat jeder so seine Aufgaben. Seit einem halben Jahr gibt es ein Büro in Altona, in dem zwischen vier und sechs Leute regelmäßig arbeiten – aber sicherlich ist es auch immer noch so, dass ich wohl mehr als die anderen überall meine Finger mit im Spiel habe. Nichtsdestotrotz, hat niemand ein festes Arbeitsgebiet.

Wir machen Viva con Agua nun schon seit rund zwei Jahren, man kann sagen eigentlich rund um die Uhr. Mit einigen Viva con Agua-Mitarbeitern wohne ich auch in einer WG zusammen, sodass man mit den Gedanken eigentlich ständig bei der Arbeit ist – und da lässt sich die Arbeit schwer in strenge Aufgabenbereiche unterteilen.

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Hast Du eine Vision, einen Traum für die Zukunft von Viva con Agua?

Benjamin Adrion: Begonnen hat Viva con Agua ja eigentlich fast als eine Schnapsidee. Ohne zu wissen, ob die überhaupt sinnvoll ist, wohin sie sich entwickeln könnte und ob wir überhaupt etwas auf die Beine stellen können, begann alles mit handschriftlichen Notizen. Mittlerweile hat sich gezeigt, dass wir mit der Art und Weise, wie wir arbeiten, sehr viele Unterstützer finden und das Ganze immer mehr an Dynamik und Fahrt aufnimmt. Von daher haben wir mittlerweile eigentlich schon recht ehrgeizige Ziele: Das Projekt soll einer bestimmten Zielgruppe – gerne auch in ganz Deutschland – die Möglichkeit bieten, etwas Sinnvolles auf die Beine zu stellen.

Dazu müssen wir es auch schaffen, vier fest Angestellte plus Praktikanten und andere Mitarbeiter in Lohn und Brot zu bringen. Wir leisten hier nun ein halbes Jahr freiwillige Arbeit, aber das geht eben auch nur eine gewisse Zeit lang. Das heißt, das Ziel, das wir für 2008 neben den Trinkwasserprojekten haben, ist auch Arbeitsplätze zu schaffen.

Auf die Idee zu dem Projekt bist du gekommen, als ihr mit dem FC St. Pauli in einem Trainingslager in Kuba ward. Sicher hast Du aber auch schon vorher von dem Leid anderer Menschen etwas mit bekommen. Was war die Initialzündung, dass Du gesagt hast: Jetzt mach auch ich was!?

Benjamin Adrion: Bei mir kamen verschiedene Konstellationen zusammen, die dazu geführt haben, dass ich gesagt habe: Okay, jetzt probiere ich einfach mal aus, etwas zu tun! Es ist schwer, eine Initialzündung heraus zu kristallisieren – jedenfalls gab es auf Kuba nicht so einen Moment, der mir die Augen geöffnet hat. Wie Du auch sagst: Man weiß auch vorher schon davon und man wird eigentlich ständig damit konfrontiert, dass es

Ungerechtigkeiten gibt oder Machtverhältnisse, die eigentlich völlig aus der Bahn geraten sind.
Aber kurz vor dem Trainingslager in Kuba war ich im Urlaub auf Jamaika. Auf dem Weg nach Hamburg sind wir über Miami Beach geflogen und hatten dort noch zwei Tage Aufenthalt. Der Unterschied zwischen den Blue Mountains in Jamaika und dem Ocean Drive in Miami Beach hat mir tatsächlich die Augen geöffnet – das kann man sagen. Zu sehen worauf die Menschen Wert legen und was für Prioritäten gesetzt werden.

Die Plastikwelt von Miami Beach war da überhaupt kein Vergleich zu Jamaika oder auch Kuba, die beide quasi um die Ecke liegen.Das Gefühl, dass mich dazu gebracht hat, ist jedoch weniger Wut – vielmehr ein Unverständnis: Wie kann es sein, dass sich die Dinge so entwickeln und dass es den Leuten vielerorts gar nicht so auffällt und sie gar nicht das Bedürfnis haben, etwas dagegen zu unternehmen. Das verstehe ich nicht.

Es gibt ja viele Menschen, die ein ähnliches Gefühl haben – aber nicht so recht wissen, wo sie anfangen sollen, wie sie sich engagieren können. Was sagst Du denen, was können sie tun?

Benjamin Adrion: Also ich glaube, eine eigene Organisation zu gründen ist grundsätzlich erst einmal schwierig. Wir von Viva con Agua hatten sehr viel Glück und auch eine so günstige Konstellation, dass sich die Initiative in diesen ersten beiden Jahren sehr günstig entwickelt hat.

Was jeder tun kann – und das ist es auch, wofür wir arbeiten, worauf wir hinaus wollen und was wir uns wünschen – ist, dass sich die Menschen an uns wenden. Dass sie sich unser Angebot anschauen, die vielfältigen Aktionen und Programmplanungen, und ihnen dann auffällt: Hoppla, ich kenne doch auch einen Schulleiter – vielleicht könnte man da etwas zusammen mit Viva con Agua machen. Oder jemand anderes spielt in einer Band und würde gerne ein Benefiz-Konzert geben.

Oder jemand kommt einfach mal zu unseren Teamtreffen hier nach Hamburg und kann dann bei verschiedenen Projekten mitmachen – an der Konzertkasse, beim Aufbauen, an Infostände, was auch immer.Also das würde ich den Leuten raten: Guckt auf unsere Homepage! Wir wollen ein Projekt sein, das auf ganz vielen Schultern getragen und von vielen unterstützt wird – es soll eigentlich mehr eine Bewegung sein und von daher freuen wir uns natürlich, wenn die Leute anrufen und uns diese Frage direkt stellen: was können wir tun?

Du hast gerade gesagt, dass es nicht einfach ist, eine eigene Organisation zu gründen. Welche Fehler kann man hier machen? Welche Tipps kannst Du aus eigener Erfahrung geben?

Benjamin Adrion: In den letzten zwei Jahren, seit Viva con Agua entstanden ist, ist sehr viel gut gelaufen. Klar gibt es auch immer etwas zu verbessern und zu optimieren, aber ich glaube, so wie die Entwicklung verlief, wurde sehr viel richtig gemacht. Es sind eher Details, die wir verbessern wollen – beispielsweise bei Veranstaltungen. Da merkt man bei der Durchführung, dass hier noch etwas gefehlt hat oder man dort seine Lehren aus einer Sache zieht. Aber insgesamt hat sich das Projekt sehr positiv entwickelt.

Dadurch, dass ich Spieler beim FC St. Pauli war, dadurch dass Viva con Agua auch von diesem Stadtteil ausgegangen ist (ST. Pauli) mit seinen vielen Künstlern, Kulturschaffenden und Medienvertretern, durch die Fans, den Verein – dieses ganze Umfeld brachte so viele Faktoren zusammen, dass bei uns die Konstellation einfach sehr sehr günstig war.

Wenn sich Leute engagieren wollen, dann rate ich Ihnen eigentlich lieber, sich an uns zu wenden. Denn wenn jeder versucht, im Kleinen irgendetwas zu machen, dann kommt man nicht wirklich auf einen gemeinsamen, größeren Nenner. Wenn man es aber schafft, sich zu einem gemeinsamen Ziel zusammen zu schließen, dann kann man gemeinsam viel kräftiger sein. Das heißt: Wenn Du in Stuttgart bist, dann mach doch Viva con Agua in Stuttgart, wenn Du in Berlin bist, dann mach es doch in Berlin und wenn Du in der Schweiz bist, dann versuch dort Viva con Agua zu etablieren.

Wir sind so flexibel, dass wir auf jeden gerne zugehen, um zu gucken, wie man das gemeinsam realisieren kann. Ich hab da sicher die Viva-con-Agua-Brille an, aber ich bin auch wirklich der Meinung, dass es wirkungsvoller ist, sich zusammenzuschließen und in eine Richtung zu gehen.

Du könntest Deine Zeit auch anders verbringen – entscheidest dich aber für die Arbeit an diesem Projekt. Was motiviert dich?

Benjamin Adrion: Also, es macht auf jeden Fall erst einmal riesengroßen Spaß. Das hängt natürlich mit den Menschen zusammen, die man hier im Büro um sich herum hat. Auch die Teams, die sich mittlerweile in anderen Städten entwickelt haben, sind unheimlich nett. Man kommt zusammen in Projekten und Aktionen, auch mit Menschen, deren Fan man vorher vielleicht war – so hatten wir beispielsweise im November ein Fußballspiel gegen den Reggae-Musiker „Gentlemen“ und seine Mannschaft; ganz am Anfang hatten wir eine Aktion mit der Band „Fettes Brot“; in Zukunft werden wir hoffentlich etwas mit dem Rapper „Sammy Deluxe“ etwas auf die Beine stellen. Also mit Leuten, deren Fan ich war und bin. Denen zu begegnen und mit ihnen zusammen etwas Sinnvolles auf die Beine zu stellen, das macht natürlich riesigen Spaß.

Dann sind die Arbeitsfelder sehr vielfältig – über Event-Management und Schul-Kooperationen gestalten, Öffentlichkeitsarbeit bis hin zu Sponsoren-Akquisition. Wir bearbeiten mit Viva con Agua ein sehr buntes Feld. Es ist schließlich nicht so, dass man sich automatisch knechten muss, wenn man helfen will. Nein, Hilfe soll und darf Spaß machen.

Und natürlich ist es schön, wenn man mit seiner Arbeit etwas Positives bewirkt: Denn mir ist es beispielsweise lieber, dass ein Bericht über Viva on Agua in einer Zeitung erscheint, als einer der vielen anderen, die sonst in Zeitungen sind – also eine positive Kommunikation in den Deutschen Medien. Und nicht zuletzt natürlich auch den Leuten vor Ort, einer begrenzten Anzahl von Menschen in den einzelnen Dörfern für eine gewisse Zeit das Leben definitiv zu erleichtern. Das ist ein sehr schöner Hintergrund, den man bei der Arbeit immer mit dabei hat.

Was mich aber auch sehr motiviert – eigentlich von Anfang an – ist sich selbst und dem eigenen Freundeskreis eine Stimme zu verleihen. Eben nicht lethargisch dazusitzen und nicht zu wissen, was man tun kann – sondern etwas zu sagen. Zu sagen: Es gibt so viel Schrott und wir wollen ein Gewicht auf der positiven Seite der Waage sein, ganz egal, wofür das hilft oder wozu das führt. Zu sagen: Wir sind auf der positiven Seite und nicht auf der negativen, mit der man heute meiner Meinung nach viel zu sehr durch die Medien konfrontiert wird. Hier würde ich sagen, schließen sich Leute zusammen mit einem guten Ziel, die sich unter einander mögen und positive Sachen auf die Beine stellen und damit Gutes bewirken möchten.

Also die Euphorie ist ungebremst. Klar gibt es die Alltagsarbeit und die Professionalisierung – da ist es dann wichtig die Euphorie immer wieder frisch zu halten. Daher freuen wir uns beispielsweise auch, im Januar wieder nach Afrika zu gehen und den ersten Brunnen in Äthiopien zu sehen – also dass unsere Arbeit wirklich was Gutes bewirkt – und das gibt auch immer wieder einen großen Motivationsschub.

Was bringt uns Menschen dazu uns einzusetzen? Sind es die Gene, die Erziehung, ethisch-philosophische Überlegungen oder eine göttliche Macht? Und: Sind wir alle in der Pflicht zu helfen?

Benjamin Adrion: Es gibt sicher für verschiedene Leute ganz unterschiedliche Motivationen zu helfen. Ich finde, man sollte beim Helfen jedenfalls nicht an sich selbst denken – also nicht helfen, weil man denkt, dass dies wieder auf einen zurückfällt. Das ist eine falsche Herangehensweise.

Bei mir persönlich ist es so, dass es mir nicht einleuchtend erscheint, dass ein Großteil der Menschen, die auf unserem gemeinsamen Planeten leben, im Vergleich zu uns oft deutlich ungerecht behandelt werden, dass sie teilweise ausgebeutet werden, dass sie vergessen werden – auch von dem Teil der Welt, der unter Umständen an deren Situation etwas ändern könnte -, dass die Menschen darüber hinweg gehen und nicht wahrnehmen, was außerhalb ihres direkten Blickfelds passiert. Ich glaube nicht, dass das auf Dauer funktionieren kann.

Es erscheint mir logisch, dass wir gemeinsam dafür früher oder später die Quittung bekommen – auf welche Art und Weise auch immer. Und ich will in diesem einen Leben, das ich hier habe, nicht sagen müssen: Ich hab mich nicht darum gekümmert, mir war es auch egal, ich hab auch dran vorbei geguckt – oder schlimmer noch: Ich hab dazu beigetragen, dass es den Leuten schlecht geht, weiterhin schlecht geht oder noch schlechter geht.

Die Menschheit im Ganzen als Weltgemeinschaft zu sehen – was man mittlerweile ja glücklicherweise im Zuge der ganzen Umwelt- und Klimaentwicklungen immer deutlicher wahrnimmt – ist glaube ich auch in anderen Bereichen ganz wichtig. Zu sehen, dass es Menschen gibt, die leiden und denen es nicht gut geht – womit wir zum Teil ja auch geschichtlich durch die Kolonialisierung usw. zu tun haben – sollte uns dazu bringen, in der Zeit, in der wir hier sind, etwas zu tun, Brücken zu bauen, positiv zu wirken und etwas Gutes zu machen. Ich glaube, das Ganze schwingt sonst eines Tages zurück und dann sagen alle: Oh, wie konnte das passieren. Also: noch ist Zeit, noch können wir hier alle leben, also ist es nun an der Zeit, unser Denken zu ändern und Lösungen für die gesamte Menschheit entwickeln. Das hört sich zwar groß an, aber das ist letztlich das Bild, das für uns zur Motivation gezeichnet wird.

Mit Religion hat das bei mir eigentlich Nichts zu tun. Es ist wirklich die Ungerechtigkeit, die sich mir aufdrängt. Gerade wenn man in den Ländern ist und sieht, dass die Menschen wirklich arm sind und eine schwere Alltagssituation haben – aber dann auch die Tiefe der Menschen zu erleben, die menschliche Reife und ganz viele wertvolle Dinge, die ich hier nicht so erkennen kann – beispielsweise bei Leuten, die Porsche fahren. Dabei sieht man, was das eigentlich Wichtige ist und worauf es wirklich ankommt. Mir ist schon öfter aufgefallen, dass es hier zwar allen gut geht, aber innerlich entfernt man sich immer weiter von dem, was Menschsein eigentlich bedeutet. Und in Äthiopien, wo die Menschen mit ihrem Esel zum Markt gehen, um ihr bisschen Getreide zu verkaufen, und mit ihrer Herde wie vor Hundert Jahren leben, erfährt man eine Herzlichkeit ohne Affektion – da hat man das Gefühl, dass die Menschen oft sehr viel näher am Kern dran sind, als wir, wir haben das oft einfach schon vergessen.

Bist Du Optimist? Also glaubst, dass einmal genug Menschen aufwachen und aktiv werden, um die Probleme zu lösen?

Benjamin Adrion: Ich glaube, wir schaffen es nur, wenn eine genügend große Anzahl von Menschen anfängt umzudenken und wir einen kollektiven Bewusstseinssprung schaffen. Ich weiß aber nicht genau, ob ich optimistisch bin. Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, ob wir nicht schon zu viel Fahrt aufgenommen haben, und ob wir es schaffen, noch mal zu bremsen bevor es knallt. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass wir mit der Weltordnung, wie sie sich im Moment entwickelt, erst einmal komplett an die Wand rasen – sei es durch Wirtschaftskrisen, Klimakatastrophe oder anderes – und dann erst einmal auf ein gesundes Maß zurecht gewiesen werden.

Aber auch dieses gesunde Maß braucht dann die richtigen Samen, um daraus zu lernen. Deswegen ist es nie zu früh und nie zu spät, um zu sagen: so, und wir machen jetzt mal ein positives Saatkorn, das ist dann schon mal gelegt und alles andere entwickelt sich.

Wie sieht in deinen Träumen Deine bessere Welt aus?

Benjamin Adrion: Ich wünsche mir: Eine bessere Welt, in der die Menschen sich wieder daran erinnern, was es bedeutet Mensch zu sein, und sich besinnen auf Gemeinsamkeiten und nicht die Unterschiede. Eine bessere Welt, in der sie wieder zurückfinden zu dem, was wirklich eine sinnvolle Zuflucht ist – also nicht zu materiellen Dingen, sondern eher zu einer inneren, eigenen Entwicklung, zum Besten aller Wesen.

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