DIY – Makers für eine bessere Welt

Der Kult um’s Do it yourself (kurz DIY) erfasst seit Jahren immer weitere Kreise unserer Bevölkerung. Dabei hat sich die DIY-Kultur zu einem regelrechten Lifestyle, einem Lebensgefühl oder gar einer Lebensphilosophie ausgewachsen:

DIY-Anhänger mögen keine Massenware, sie sind der Überfluss- und infolge dessen der Wegwerf-Gesellschaft überdrüssig. Sie nehmen „Müll“, um daraus das zu machen, was sie brauchen (oder manchmal auch einfach nur haben wollen): Das kann ein vertikales Fenster-Gärtchen für den platzsparenden und damit in jeder Mietwohnung möglichen Anbau von Kräutern und Gemüse sein, die so genannten Window-Farms (eine Anleitung findet man unter http://windowfarms.org/). Oder auch das neue Gartenmobiliar aus Holzresten, wie etwa dem Reply Chair (den Bauplan findet man unter www.replychair.com). Ein beleuchtbarer Fotorahmen aus alten CD-Hüllen (siehe auch http://stylespion.de) oder eine Vase aus alten Gartenschläuchen (Anleitung unter www.objectsofdesire.de).

Es gibt unzählige Plattformen, Blogs und Portale für DIY-Objekte. Manche gleichen eher den Bastel- und Heimwerker-Büchern aus den 70er und 80er Jahren (Stichwort Makramee). Andere gehen stylischer vor oder sind bspw. auf das Hacken von Elektro-Spielzeug und dessen Zweckentfremdung spezialisiert (Stichwort Tinkering).  Und wiederum andere haben auch tatsächlich den ökologisch-nachhaltigen Grundgedanken im Visier. Dort findet man bspw., wie sich Flip-Flops aus Recycle-Material selbst herstellen lassen, wie man eine Anlage für das Filtern von Regenwasser selbst bauen kann, oder dass man Jeans keinesfalls wegschmeißen, sondern sie zu schicken Flickenteppichen und Altpapier zu schmucken Papierperlen verarbeiten kann (Anleitungen dazu unter www.instructables.com) – alles unserer Umwelt zuliebe!

Der einfache, aber bestechende Grundgedanke: Man reduziert den Müll und  schafft gleichzeitig die Dinge, die man braucht (oder zu brauchen meint) und hat zudem auch noch ganz individuelle, einzigartige Objekte. Tom Hodgkinson – Autor des Bestsellers „Die Kunst, frei zu sein“ würde DIY wohl sicherlich als eine Befreiungsstrategie empfehlen. Denn er propagiert, so viel wie möglich selbst zu tun (auch an Dienstleistungen) und dafür lieber weniger im klassischen Sinne zu arbeiten (wenn ich mir recht erinnere schrieb Hodgkinson, dass er nur drei Stunden täglich „arbeitet“). Sprich: man arbeitet weniger und verdient dadurch natürlich auch weniger Geld – das macht aber nichts, weil man die Zeit hat, viel mehr Dinge selbst zu tun, für die man sonst bezahlen müsste (bspw. Gemüse anbauen oder eben auch Möbel basteln, Flip-Flops oder Jeans-Flickerl-Teppiche anfertigen). Ein Weg zu Glück und Freiheit, wie er meint…

Reizvoll und überzeugend finde ich diese „Philosophie“.So reizvoll anscheinend für viele, dass sich sogar schon DIY-Läden entwickelt haben: In Hamburg gibt es beispielsweise den Laden „Lockengelöt“, der auf wirklich witzige Weise recycelte Gegenstände verkauft (bspw. aus alten Platten geformte Obstschüsseln und ähnliches). So sympathisch, konsumkritisch und alternativ das Ganze ist: dass die Menschen in vielen Entwicklungsländern dies nicht nur aus Gründen des Lifestyles tun, sondern weil ihnen schier nichts anderes übrig bleibt (siehe bspw. hier eine Übersicht), sollte uns dennoch nachdenklich machen!

ilona

ist freie Jour­na­lis­tin, Publizistin, Projekt­ma­che­rin und Medienaktivistin. Seit über zehn Jahren schreibt sie Bücher, Blogposts, macht Podcasts, gibt Workshops und hält Vorträge. Zudem begleitet und berät sie öko-soziale Organisationen, Gemeinschaften, Künstler:innen, Kreative und Aktivist:innen bei der ganzheitlichen und nachhaltigen Planung und Kommunikation ihrer Projekte und Bücher.

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