Eigentlich war es doch schon vorher klar. Da streitet man sich über das BKA-Gesetz und die damit verbundene Ermächtigung zur Onlinedurchsuchung heimischer Rechner; man freut sich, wenn dann im Ergebnis eben jener Zugriff auf Privatdaten nur mit richterlichem Beschluss erlaubt wird.
Und dann, schon nach kurzer Zeit, wird deutlich, dass es sich hier lediglich um „regionale“ Gesetzgebung handelt. Denn die EU will mittelfristig ihren Ermittlungsbehörden eine Onlinedurchsuchungen in der gesamten Union ermöglichen. Großbritannien will sogar schon bald internationale Durchsuchungen durchführen – ohne Gesetz oder Richterbeschluß. So etwas nennt man „geplatzter Traum“. Hierzu schreibt der Blog Bundestrojaner.de:
Bei dem letzten Treffen der EU-Justiz- und Innenminister am 27. und 28. November unter der französischen EU-Präsidentschaft wurde ein von der EU-Kommission vorgeschlagener Plan zu einer umfassenden und gemeinsamen Bekämpfung der Cyberkriminalität beschlossen. Neben einem standardisierten europäischen Informationssystem und besserer Koordination bei allen Formen von Cybercrime sind darin auch gemeinsame Internet-Ermittlungsteams der EU und grenzüberschreitende heimliche Online-Durchsuchungen angedacht, wenn entsprechende Regelungen in dem jeweiligen Mitgliedsland, in dem die Ermittlung durchgeführt werden soll, gesetzlich verankert sind. (Bundestrojaner.de)
Diese „entsprechenden Regelungen“ werden sich schon finden lassen. Ansonsten schafft man sie – oder weicht einfach auf einen Nachbarstaat aus, der hier „toleranter“ ist. Ermittlungsbehörden könnten auf diese Weise in der gesamten Union Rechner heimlich ausspähen.
Großbritannien prescht mal wieder vor
Großbritannien prescht hier mal wieder vor, was nicht wirklich erstaunt. Schließlich muss man nur mal in London die Überwachungskameras zählen und wird feststellen, das den Briten das Thema Bürgerkontrolle doch sehr am Herzen liegen muss. Etwas abseits davon zeigt sich die ethische Haltung der Insel auch im Bereich der Genforschung, denn hier ist man durchaus bereit, ethische Grenzen hinter sich zu lassen, wenn es der eigene Sache dient. Nun ist es eben wieder mal Großbritannien, dass diesen Vorstoß wagt und die Spionage von Staatswegen in ganz Europa etablieren will. Was, so fragt man sich, ist dann unser nationales BKA-Gesetz, bzw. vielmehr die erkämpfte Einschränkung wert?
Datenschutzbeauftragter Peter Schaar prognostizierte unlängst, dass das verabschiedete BKA-Gesetz vom Bundesverfassungsgericht noch mal nachgebessert würde. Doch was bringen diese „Verbesserungen“, wenn sie durch EU-Gesetz oder singularisierte Staatsinteressen, wie hier in Großbritannien, ausgehebelt werden? Der Verdacht der sich anschließt ist ohnehin, wie weit sich Geheimdienste generell dem Gesetz verpflichtet fühlen. Liegt doch gerade das Wesen eines Geheimdienstes im Geheimen, im verdeckten und verschwiegenem Handeln.
Was geheim ist, kann man nicht beaufsichtigen
Und was geheim ist, dass kann auch nicht beaufsichtigt werden. In diesem Licht erscheint die Diskussion um das BKA-gesetz hier in Deutschland lediglich inszeniert, um der Bevölkerung einen demokratischen Prozess der Gesetzgebung, bzw. -änderung vorzuspielen. Ganz ähnlich wie auch im Fall der Europäischen Verfassung, welche zu keiner Zeit wirklich mit den Bürgern in Diskussionen erörtert oder auf den Prüfstand gestellt wurde.
Der Fall EU-Trojaner könnte sich zum ersten großen Fall gesamteuropäischer Staatsrestriktion entwickeln – und es geht hier nicht um den Krümmungsgrad von Bananen, sondern um die Freiheitsrechte und damit um eine der Grundlagen für funktionierende Demokratien. Längst wird nicht mehr in erster Linie mit der „allseits gegenwärtigen“ Terrorgefahr begründet, sondern mit der generellen Zunahmen der Cyper-Kriminalität.
Man spricht von Online-Kriminalität
Von einer Überwachung zum Beispiel der Spekulanten und Banker, die uns die Weltwirtschaftskrise beschert haben, ist nicht die Rede. Dies lässt den zusätzlichen Verdacht zu, dass die Überwachung sich nicht wirklich auf die Großkriminellen bezieht, diese sogar anscheinend ausklammert, sondern auf den ganz normalen, europäischen Bürger. Denn dieser wird hiermit grundsätzlich unter einen Anfangsverdacht gestellt.
Also: Man spricht von Online-Kriminalität, tut aber nichts gegen die wirklich großen Verbrechen, sondern will lediglich eine Gesamtkontrolle von mehreren hundert Millionen Europäern. Tja, und wofür könnte das gut sein? Verbrechensbekämpfung hin oder her, dieser Aufwand macht nur dann Sinn, wenn man gleichzeitig mit dem Gedanken spielt, die Definition der Kriminalität zu ändern (der Europa-Vertrag lässt grüßen). Denn ein Verbrecher im herkömlichen Sinne würde dopch alles daran setzen, das Internet zu meiden, bzw. die Kontrollen zu umgehen. Der unbedarfte Bürger jedoch nicht.
Die Technik lässt Gesamtkontrolle zu
Das Instrumentarium ist da, die Technik lässt die Gesamtkontrolle zu. Wer jedoch die so gesammelten Daten in ermittlungsrelevante Erkenntnisse umsetzen soll, bleibt unausgesprochen. Schließlich bedarf es mehrerer Tausend Menschen, die die eigentliche Überwachung, die Weiterverarbeitung der Daten, ausführen und koordinieren. Oder sollen das die Computer ganz allein übernehmen? Dieses setzt voraus, dass die Technik fehlerfrei funktioniert. Denn wenn hier Computer Schuld ausmachen und zusprechen sollen, dann setzt dies ein 0 Fehlertoleranz-System voraus. Und dies gibt es bekanntlich nicht.
2009 ist das Jahr der Wahlen. Unter anderem der Europa-Wahlen. Außerdem soll der Europa-Vertrag mit allen Mitteln umgesetzt werden, um den Machtanspruch der Euro-Politiker zu bedienen. Spätestens jetzt wird es Zeit, sich auf breiter Basis mit den Konsequenzen für Edie Union zu befassen. Andernfalls wird nichts mehr so bleiben wie es ist. Wer heute weg schaut, das Problem unterschätzt oder sogar jede Kritik an der europäischen Entwicklung als demokratiefeindlich abtut, darf sich am Ende wundern – und vor allem: wird sich den Fragen kommender Generationen stellen müssen. Ein friedliches Europa ist eine gute Sache. Demokratie ist eine gute Sache. Doch das was uns erwartet, könnte mit beidem wenig zu tun haben.
Bildquelle: Stefan Bayer, www.Pixelio.de
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