Rund 25.000 Gegenstände soll ein durchschnittlicher Deutscher besitzen. Und etwa 564 Kilo Hausmüll produzieren wir pro Kopf und Jahr (bis 2019 sollen es laut Eurostat 680 Kilo werden!). Ja, unsere Welt ist voll. Und das liegt zu einem nicht unerheblichen Maße daran, dass die Hersteller von Produkten sogenannte Sollbruchstellen einbauen. Nun ist ein Label in Planung, das Produkte ohne »geplante Obsoleszenz« ausweist.
Was ist die geplante Obsoleszenz?
Es können absichtlich eingebaute Schwachstellen sein, die ein frühzeitiges Ableben eines Produktes provizieren. Meist sind diese Gegenstände dann außerdem so konstruiert, dass es sich nicht lohnt sie zu reparieren – oder es schlicht nicht möglich ist, weil alles verschweißt und nicht geschraubt ist. Ein andernmal sind es extreme Moden, die Dinge – vor allem Kleidung – schnell veralten lassen. Es geht aber auch noch weiter. »Das sicherlich bekannteste Beispiel für die geplante Obsoleszenz ist ein Desktop-Drucker, bei dem ein Micro-Chip ab einer bestimmten Anzahl von Ausdrucken den Betrieb einfach sperrt«, erklärt Gabriella Höfler, Studentin an der Züricher Hochschule der Künste, und neben Myriam Marti und Raffael Greminger Initiatorin des Labels gegen Sollbruchstellen – genannt »Nullbruchstellen« – ist.
Wie sieht das Label aus?
Noch stecken die Studierenden ganz am Anfang. Im Laufe eines Seminars zum Thema Sollbruchstellen kamen die Drei auf die Idee, dass es ein solches Label geben müsste. Es würde die Produkte ausweisen, die ohne geplante Schwachstellen auskommen. Damit wir Verbraucher uns bewusst gegen eine solche umweltunfreundliche Produktpolitik entscheiden und so natürlich auch Druck auf die Hersteller ausüben können. Denn die sehen die Drei vor allem in der Verantwortung: »Vom Verbraucher wäre es zu viel verlangt, sich hier ständig zu informieren«, meint beispielsweise Myriam Marti.
Welche Verantwortungen haben Hersteller und Designer?
Aber auch die Produkt-, Mode-, Industrie- und Kommunikationsdesigner sieht sie in der Pflicht. Denn sie sind schließlich die Experten, wenn es um zeitlose (also langlebige) Gestaltung geht – bestes Beispiel dafür seien die Design-Klassiker von Design-Ikone Dieter Rahms (http://de.wikipedia.org/wiki/Dieter_Rams). »Aber auch das Material spielt eine große Rolle«, weiß Marti und weist auf die in den letzten Jahren zunehmend populär gewordene Theorie »Cradle to Cradle« von Michael Braungardt hin (http://de.wikipedia.org/wiki/Cradle_to_Cradle): Seiner Ansicht nach, sollten wir Menschen einfach Produkte erzeugen, die ein Gewinn für die Natur sind, wenn wir sie wegschmeißen – anstatt einer Belastung. Beispielsweise kompostierbare Eisverpackungen, die Samen seltener Pflanzen freisetzen… Denn dann könnten wir so viel und nach Herzenslust konsumieren, es würde die Natur nur freuen.
Nullbruchstellen und Cradle to Cradle
Noch ist »Cradle to Cradle« eine Theorie und bislang nur ansatzweise in verschiedenen Industrieunternehmen realisiert. Noch ist unsere Welt überfüllt mit Produkten, die nicht nur viel zu schnell veralten oder kaputt gehen – sondern obendrein auch noch unsere Umweltressourcen ausbeuten und die Natur (und die Menschen in der so genannten dritten Welt) als Second-Hand-Ware (bspw. Kleidung) oder Müll extrem belasten. Noch ist das Label »Nullbruchstellen« eine sehr gute Idee. Denn noch steht nicht fest, wie man die so unterschiedlichen Produkte – von Klamotten bis Elektrogeräten – entsprechend prüfen könnte. Doch das Label wäre ein guter Anfang. Und mit Sicherheit macht es ein Problemfeld für viele Menschen überhaupt erst einmal sichtbar.
Weitere Infos gibt es unter www.facebook.com/Nullbruchstellen
Ich finde den Artikel auch sehr spannend. Vielleicht könnte man die Zertifizierung auf Kundenmeinungen aufbauen. Man müsste dazu einen Dienst gründen, der nach 1, 2 und 3 und 5 Jahre nach Kauf eines Produktes die Käufer um Feedback bittet – automatisch versteht sich. Aus mindestens X Kundestimmen ergibt sich dann die Nullbruchstellenbewertung.
Ja, Craddle-to-Craddle ist natürlich ein ganz anderer Ansatz, aber dennoch passen beide Konzepte zusammen: sie sind wohl beide notwendig, um eine dauerhaftere Wirtschaft zu schaffen.
Auch sehr wichtig ist mir – und darauf hat ja auch Heiner Christen hingewiese – das man generell lernt mit weniger Konsum auszukommen und dabei zufrieden zu sein.
dank für den artikel! hier werden jedoch zwei dinge gefährlich vermischt. c2c und obsoleszenz vertragen sich doch gut, nicht?;-)
einerseits soll laut nulbruchstelle ein produkt langlebig sein und keine sollbruchstelle aufweisen. c2c fordert „nur“ einen geschlossenen kreislauf (öko-effektivität). „nach herzenslust konsumieren“ können wir uns aber eh an den allerwertesten schmieren denn trotz c2c braucht jede produktion von gütern energie für die herstellung, für den transport, die läden (heizung, kühlung, beleuchtung etc) und ob nun kompostierbare stühle auf den markt kommen oder nicht, das konsumniveau ist viel zu hoch. darum wären m.m. nach nullbruchstellen wünschenswert (aber schwierig zu zertifizieren:-)). wünsche dem unterfangen viel glück!
Hallo Heiner, vielen Dank für Deinen Kommentar – ich stimme dem absolut und hundertprozentig zu 😉