Ilona im T-Shirt mit der Aufschrift "Good Rebels"

Lasst uns Good Rebels sein!

Wir können nicht tatenlos zusehen, wie Rechtspopulismus und Technokratie die Macht übernehmen und das Leben auf unserer Erde zunehmend zerstört wird. Wir müssen dagegen kämpfen! Gleichzeitig nimmt die Polarisierung zu. Wir sollten die Spaltung der Menschen nicht weitertreiben, Hass und Zwietracht sähen. Was also tun? Unsere Antwort: Lasst uns Good Rebels sein!

Die Menschheit steht vor enormen Herausforderungen, die Marek und mich tief bewegen und das Fundament unserer Gesellschaften erschüttern. Demokratien geraten unter Druck, während antidemokratische Bewegungen weltweit an Zulauf gewinnen. Gesellschaftliche Spaltungen vertiefen sich, die digitale Überwachung, Manipulation sowie Hass und Hetze nehmen zu. Die globalen Ökosysteme geraten mehr und mehr aus dem Gleichgewicht. Was können wir nur tun, um Freiheit, Solidarität (mit allem Leben auf diesem Planeten) und Teilhabe zu fördern und zu erhalten?

Eins steht für uns fest: Es ist jetzt wichtiger denn je, rebellisch zu sein – mutig, renitent und entschlossen. Gleichzeitig ist es so wichtig, Verbundenheit zu verbreiten statt Hass, Frieden statt Krieg. In diesem Beitrag möchte ich dir erzählen, was Marek und ich unter „Good Rebels“ verstehen, wie wir darauf gekommen sind und warum wir diesen Begriff zum Leitmotiv unserer Arbeit der nächsten Wochen und Monate machen.

Dabei geht es mir auch darum, die vielfältigen Facetten heutiger Rebellion – von Zivilcourage bis zu zivilem Ungehorsam – zu verstehen und Impulse zu setzen, wie du selbst rebellisch (Rebel) und dabei radikal liebevoll (Good) sein kannst.

Was heißt »Rebel« sein?

Rebellion gilt oft als das Aufbegehren gegen bestehende Regeln und Systeme – sie ist Ausdruck von Unzufriedenheit und Veränderungswillen. Doch was bedeutet es heute, rebellisch zu sein? In einer Welt, die von dem ständigen Spektakel auf den Sozialen Plattformen geprägt ist? In denen Menschen mit einem ständigen Information-Overload zu kämpfen haben? Muss Rebellion da immer laut, aufmerksamkeitsstark und konfrontativ sein, wie die kreativen Protestformen, die wir in unserem Blog beschrieben haben? Oder kann sie auch leise, kreativ und verbindend sein, wie zum Beispiel beim Giftivism?

Genau an diesem Punkt setzt das Konzept der »Good Rebels« an. Es beschreibt rebellische Menschen, die mit Mut und Verantwortungsbewusstsein »Nein« sagen zu dem, was sie nicht länger mittragen wollen. Good Rebels hören aber auch zu, verstehen andere Perspektiven, suchen die Verbindung – nicht nur zu anderen Menschen, sondern auch zu den Tieren, Pflanzen, Ökosystemen wie Flüssen, Bergen oder Seen. Diese Rebell:innen verstehen ihr Handeln als Beitrag zum Gemeinwohl und als Einladung zur Mitgestaltung der Welt. Ihr Engagement für eine bessere Welt setzt auf Kampfgeist – ja! Aber einen zutiefst friedlichen Kampfgeist für Nachhaltigkeit, Gemeinschaft und Solidarität.

Was heißt »Good« sein?

Die meisten werden bei dem Wort »Rebellion« wohl an offene Kämpfe und konfrontative Konflikte mit Autoritäten denken. Die gibt es natürlich auch heute noch. Und sie sind wichtig! Wir können zum Beispiel nicht zulassen, dass die Ausgrenzung von Menschen wieder salonfähig wird (Stichwort #Stadtbild) [1]. Da heißt es schon: Laut werden! Möglichst viele sein! Auf die Straße gehen! Widerwillen zeigen! Und Widerstand leisten!

Das kann auch bedeuten, Regeln zu brechen – wenn sie zum Beispiel nicht legitim sind. Es wundert mich schon, dass heutzutage diejenigen als “radikal” gelten, die ihr ganzes Leben dem Schutz unser aller Umwelt widmen. Sei es nun, indem sie den Hambacher Forst [2] besetzen oder Straßen kurzfristig blockieren wie etwa Extinction Rebellion [3]. Während diejenigen, die der wahnwitzigen ökologischen Zerstörung schweigend zusehen, als “Mitte der Gesellschaft” und damit “normal” gelten. Hier stimmt doch etwas nicht!

Angesichts der wissenschaftlichen Berichte ist es angemessen, auf die Bedrohung durch die Klimakrise, das Artensterben, dem Ende der Ressourcen usw. hinzuweisen – und wenn die meisten Menschen dies gern verdrängen, dann ist auch ziviler Ungehorsam legitim. Solange er gewaltfrei ist, selbstverständlich!

Die friedliche Rebellion

Dennoch: Rebellisch sein bedeutet heutzutage nicht mehr nur, Regeln zu brechen, sondern auch, neue Wege zu gehen und alternative Visionen für die Zukunft zu entwickeln. Gerade in Zeiten ökologischer Krisen und sozialer Ungleichheiten ist es wichtiger denn je, rebellisch im positiven Sinne zu handeln.

Rebellion kann sich heute in vielfältigen Ausdrucksformen zeigen: vom politischen Aktivismus über das zivilgesellschaftliche Engagement bis hin zu kreativen und künstlerischen Aktionen. Es geht aber auch anders. Zum Beispiel war ich neulich auf einem Hof, der als Gemeingut allen zur Verfügung steht. Die Menschen, die hier in dem riesigen, wunderschönen Garten superleckeres Gemüse anbauen, tun das für den Eigenbedarf. Aber nicht nur. Was übrig bleibt, verschenken sie. Das gilt übrigens auch für die selbst gemachten Brotaufstriche, Soßen und das Sauerkraut.

Ihr Anliegen ist es zu zeigen, das ein Wirtschaften ohne Kapitalismus und dessen Tauschlogik möglich ist. Das ein Zusammenleben geht, indem alle Menschen wertvoll sind, nicht nur die vermeintlichen „Leistungstragenden“. Jeder Mensch trägt hier bei, was er kann und mag. Und jeder Mensch erhält hier, was er braucht und will [4]. Sicher, auch da gibt es Konflikte, die ausgetragen werden müssen. Wie überall. Aber es geht. Mich hat die wohltuend achtsame Atmosphäre unter den Menschen dort sehr beeindruckt und ich finde: So wird Rebellion zu einem echten Gestaltungsraum für eine lebenswerte Zukunft.

Wer sind „Good Rebels“?

„Good Rebels“ sind Menschen, die rebellisch sind, um das Gemeinwohl zu fördern. Sie kämpfen für soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und demokratische Teilhabe. Sie zeichnen sich durch Mut, Empathie und ein starkes Verantwortungsbewusstsein aus. Sie suchen jedoch nie die Konfrontation um der Konfrontation willen. Gewaltfreiheit ist absolut verpflichtend. Sie suchen die kreative Lösung zum Wohle aller und richten ihr Handeln auf drei Aspekte:

  • Der Schutz bedrohten und unterdrückten Lebens: Sie stellen sich der Zerstörung, Ausbeutung und Unterdrückung in den Weg und versuchen sie zumindest aufzuhalten. Dazu gehören z.B. Waldbesetzungen, Seenotrettung, aber auch sozial engagierte Menschen u.v.m. Auch Schüler:innen, die gegen Mobbing aufstehen, gehören dazu oder Menschen und Organisationen, die Staaten und Konzerne für mehr Klimaschutz verklagen.
  • Der Aufbau echter Alternativen: Hierzu gehören alle, die die Rahmenbedingungen in unserer Welt so verändern, dass es für immer mehr Menschen immer einfacher und leichter wird, das Richtige zu tun. Der oben genannte Hof wäre so ein Beispiel. Aber auch Unverpackt- oder Umsonstläden, Kleidertauschbörsen, Herstellende pflanzlicher Lebensmittel, Solidarische Landwirtschaft, das Mietsyndikat und viele, viele mehr.
  • Der Wandel unseres Bewusstsein: Hierzu zählt alles, was dem mentalen Paradigmenwechsel dient. Worauf kommt es uns in unserem Leben wirklich an? Ist mehr wirklich immer besser? Auch die Auseinandersetzung mit indigenen Weltbildern, die uns so viel lehren können. Die Beschäftigung mit Philosophie und Spiritualität. Mit dem Sinn unseres Daseins und der wahrgenommenen Verbundenheit mit allem auf dieser Welt. Ziel ist ein tiefgreifender, innerer Wandel, ohne den der äußere Wandel nicht wirklich möglich ist!

Rebellisch sein mit Verantwortung

Wirkliche Rebellion braucht Verantwortung – und zwar nicht nur für den Schutz der Umwelt, für Gerechtigkeit und Demokratie. Good Rebels müssen vor allem auch Verantwortung für ihre eigenen Gedanken, Haltungen und Handlungen übernehmen. Und das ist nicht so einfach, wie es sich hier hinschreibt. Marek und ich wissen aus eigener Erfahrung, dass es da immer diese Lücke gibt zwischen dem, was wir an Idealen und Werten haben – und dem, was wir im Alltag dann schließlich schaffen auch zu leben.

Das geht allen Menschen so. Es gibt sogar einen wissenschaftlichen Begriff dafür: den Intention-Behaviour-Gap [5]. Der Neurologe Daniel Kahnemann hat dazu geschrieben, dass dies an unserem Gehirn liegt. Es hat eine Abteilung für das langsame Denken und eine für das schnelle Denken. Mit dem schnellen Denken treffen wir die Alltagsentscheidungen. Und hier rutschen unsere Werte und Ideale oftmals hinten runter. Denn erst mit dem langsamen Denken beziehen wir diese mit ein.

Das zu erkennen, ist schmerzhaft. Manchmal peinlich und beschämend. Aber es ist notwendig, sich das einzugestehen, wenn wir eine echte Veränderung wollen. Eine, die nicht darauf basiert, allein “alle Anderen” mit Schuldzuweisungen zu überschütten. Sondern eine, die trotz allem die Menschlichkeit ins Zentrum rückt. Die versteht, dass Menschen unterschiedlich sind. Dazu gehört – und das ist elementar für Good Rebels – die Akzeptanz verschiedener Meinungen sowie die Fähigkeit, Konflikte konstruktiv austragen zu können (also Win-Win-Lösungen zum Wohle aller finden zu wollen).

Fazit

Ein Good Rebel zu sein bedeutet also, mutig und verantwortungsvoll für eine bessere Welt einzutreten, zwischen Widerstand und Hoffnung, Kritik und Vision. Good Rebels versuchen den Balanceakt von authentischem und konsequentem Engagement auf der einen Seite – und kreativen Ideen, starken Werten und Idealen auf der anderen. Nur so schaffen wir den Spagat: auf der einen Seite der Zerstörung von Natur, Gemeinschaft und Frieden entgegenzutreten – ohne auf der anderen Seite selbst kämpferisch im negativen Sinne zu werden, also spaltend, abwertend, anfeindend, gewaltvoll und destruktiv. Denn damit wäre nichts gewonnen. Wir würden nur den Hass und die Gewalt in der Welt vermehren.

Marek und ich werden in den den kommenden Wochen und Monaten tiefer in die Themen rund um Good Rebels eintauchen.

  • Wir wollen konkrete Beispiele betrachten, warum das genau jetzt so wichtig ist und du nicht mehr zögern solltest, dich uns anzuschließen.
  • Wir wollen praktische Ideen teilen, wie du rebellisch und hoffnungsvoll deinen Weg gehen kannst. Denn: Die Welt braucht heute mehr denn je mutige Stimmen und Menschen, die nicht nur Widerstand leisten, sondern Zukunft gestalten.
  • Und wir wollen auch Räume öffnen, wo wir uns zusammentun und zu einer Gemeinschaft werden können. Dazu gibt es demnächst mehr.

Kannst du dir vorstellen, auch so ein Good Rebel zu sein? Oder bist es schon lange? Dann hinterlasse uns gerne deinen Kommentar und berichte, was du so tust, um für eine bessere Welt zu rebellieren!

[1] „Merz‘ Problem mit dem „Stadtbild“ tageschau: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/merz-stadtbild-migration-100.html

[2] Hambacher Forst bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Hambacher_Forst

[3] extinction rebellion: https://extinctionrebellion.de/

[4] Mehr Infos, warum Tauschlogikfreiheit eine gute Sache ist, findest du z.B. hier: https://ich-tausch-nicht-mehr.net/

[5] „Ich will ja, aber… – Das Problem des „Attitude-Behavior-Gaps““ SPRINGER NATURE Link: https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-43791-6_6

ilona

ist freie Jour­na­lis­tin, Publizistin, Projekt­ma­che­rin und Medienaktivistin. Seit über zehn Jahren schreibt sie Bücher, Blogposts, macht Podcasts, gibt Workshops und hält Vorträge. Zudem begleitet und berät sie öko-soziale Organisationen, Gemeinschaften, Künstler:innen, Kreative und Aktivist:innen bei der ganzheitlichen und nachhaltigen Planung und Kommunikation ihrer Projekte und Bücher.

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