Griechenland steht mit dem Rücken zur Wand, Irland und Portugal kämpfen tapfer. In Deutschland stecken sich die Energie-Riesen, die Auto-Industrie und natürlich die Banken (die Deutsche Bank steht in den USA wiederholt vor der Anklagebank) die Millionen in die Tasche. Und was machen „unsere“ Politiker? Sie beschließen klammheimlich, still und leise weitreichende, EU-weite Sparpakete. „Der erstaunlichste Aspekt dieses Coups ist es, dass dieses epochale Regelwerk ohne signifikante, öffentliche Diskussion durchgeboxt wird. Voraussichtlich wird es gelingen, die Beschlüsse … zu fassen, bevor deren problematische Implikationen in der Öffentlichkeit erfasst und diskutiert werden können“, schreiben Elisabeth Klatzer von der Wirtschaftsuniversität Wien und Christa Schlager von der Arbeitskammer Wien.
Sicher wird niemand bestreiten, dass sich nach der Finanzkrise im Bereich der Wirtschaftpolitik etwas ändern muss. Doch wenn man liest, was Elisabeth Klatzer und Christa Schlager in ihrer Analyse der neuen Economic Governance schreiben, kann man sich nur (mal wieder) verwundert die Augen reiben: nein, es geht nicht darum die Finanzmärkte stärker zu regulieren und die Wohlhabenden und die Wirtschaft per Steuer am Abbau der Schulden zu beteiligen (nachgewiesenermaßen haben diese immerhin am meisten von den Hilfsgeldern profitiert – ob es nun um die Rettung der Sparanlagen oder die Subventionierung neuer Autos via Abwrackprämie geht). Nein, die Marschroute deutet nicht in Richtung Sozialausgleich – obwohl die Kluft zwischen Arm und Reich sowohl innerhalb der Länder als auch zwischen den verschiedenen Ländern zunimmt…
Nein, die Marschrichtung heißt: Wettbewerb-, Liberalisierungs-, Lohn- und Spardruck! Und damit die einzelnen Nationen dem neoliberalen Kurs der EU auch gewissenhaft folgen, kommt der mittlerweile schon bekannte „Trick“ zur Anwendung: In Brüssel wird klammheimlich und unbemerkt von der allgemeinen Öffentlichkeit ein entsprechendes Regelwerk aufgestellt. Die Verhandlungen zwischen den Finanzministern der Länder (also auch unserem Herrn Schäuble), ER-Präsident van Rompuy und der Komission laufen laut der o.g. Autorinnen bereits seit einem Jahr – im Geheimen und hinter verschlossenen Türen. Inwieweit Lobbyisten ihre Finger mit im Spiel haben, wir wissen es nicht…
Jedenfalls soll das „Economic Governance“-Paket im Groben sechs Rechtsvorschläge umfassen, die darauf abzielen alle EU-Mitgliedsstaaten anhand eine Sets an Indikatoren macroökonomisch stärker zu überwachen sowie eine verschärfte Haushaltsdiziplin inklusive deren Überwachung einzuführen – sprich Schulden abbauen, auch auf Kosten sozialer Ungerechtigkeiten. Wer dem nicht entspricht, wird bestraft – und zwar mit Sanktionen (bei miesen Indikatoren 0.1 Prozent des BIP, bei schlechter Haushaltsdisziplin 0,2 bis 0,5 Prozent des BIP). Dabei treten diese in Kraft, wenn der EU-Rat sie nicht innerhalb von 10 Tagen mit einer qualifizierten Mehrheit ablehnt!
„Deren Kernelemente sind Kürzungen bei Löhnen und Sozialleistungen, Abbau der öffentlichen Dienste, niedrigere Steuern für große Unternehmen und Angriffe auf die Arbeitnehmerrechte in den EU-Staaten. Die EU-Kommission soll weit reichende Kompetenzen erhalten, sich mit Strafsanktionen in die nationale Wirtschaftspolitik einzumischen, sollten ihre neoliberalen Sparvorgaben nicht umgesetzt werden“, schreibt dem entsprechend entrüstet der Newsblog soziales-dorf.eu.
„Aktivitäten zur Reform des Bankensektors und der Finanzmarktregulierung laufen im Vergleich zum Economic Governance Paket sehr zögerlich an und wurden bereits stark abgeschwächt“, meinen Klatzer und Schlager in ihrem Paper. Nichts desto trotz – oder gerade deswegen? – sollen diese Regelungen nun möglichst schnell durch das EU-Parlament gepeitscht werden. Am 8. Juni sollen die EU-Parlamentarier über die Gesetzesvorhaben abstimmen.
Deshalb sollten wir nun aktiv werden! Wie? Das ist schon ganz einfach möglich: unterzeichnet die Online-Petition von Attac Deutschland. Knapp 1.300 Menschen haben dies schon getan – 2.500 braucht es. Viele, weitere Infos zum Thema findet ihr unter: www.oureurope.org
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