Irgendwie erstaunlich, wie heimlich, still und leise alles so vor sich geht: Anfang 2009 ist nun die Datenvorratsspeicherung Pflicht. Google hat gerade ohne öffentliche Ankündigung seine Datenschutzrichtlinien verändert und nun kommt Schäuble (mal wieder) mit einem noch viel besseren Vorschlag!
Im Entwurf des „Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes“ vom 14.01.2009 soll sich laut AK Vorratsdatenspeicherung ein neuer bedenklicher Vorstoß verstecken:
Jeder Anbieter von Internetdiensten wie Google, Amazon oder StudiVZ soll danach künftig das Recht erhalten, das Surfverhalten seiner Besucher ohne Anlass aufzuzeichnen – angeblich zum „Erkennen“ von „Störungen“. Tatsächlich würde der Vorstoß die unbegrenzte und unbefristete Speicherung jeder Eingabe und jedes Mausklicks beim Lesen, Schreiben und Diskutieren im Internet legalisieren. Die Surfprotokolle dürften an Polizei, Bundeskriminalamt, Geheimdienste sowie an die Unterhaltungsindustrie herausgegeben werden. Eine richterliche Anordnung ist nicht vorgeschrieben, eine Beschränkung auf schwere Straftaten nicht vorgesehen.
Schäuble will nun nicht nur wissen, wann wir unter welcher Adresse ins Internet gehen, sondern auch, was wir dort tun. Als nächstes will er wahrscheinlich aufzeichnen lassen, welche Gespräche wir im Cafe führen oder welche Fernsehsendungen wir sehen. Das ist ungeheuerlich, zumal es in einem ganz anderen Gesetz versteckt wird“, ergänzt Ralf Bendrath vom Netzwerk Neue Medien. „Ich empfinde dieses brisante Detail des Gesetzes als eine schallende Ohrfeige für alle, die sich für mehr Daten- und Persönlichkeitsschutz engagieren“, bekräftigt Michael Ebeling vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. „Herr Schäuble und die gesamte Regierung widersprechen damit offen ihrem nach den Datenskandalen des letzten Jahres öffentlich verkündeten Ziel, den Schutz der Daten von Bürgern und Internetbenutzern zu verbessern und die gesetzlich verankerte Datensparsamkeit endlich zu fördern.
Während also im Web ein weiterer Goldrausch 2.0 ausgebrochen ist, bei dem junge und nicht mehr ganz junge Web-Profis nach der Web-2.0-Geschäftsidee jagen, die ihnen à la Youtube oder MySpace die Milliarden beschert; während man auch als ganz „normaler“ Arbeitender mehr und mehr dahin getrieben wir, in so genannten „Social Communities“ – sei dies nun Xing, Twitter oder Facebook – seine Hosen runter zu lassen, um beruflich oder auch privat mithalten zu können; und während die Teenies dieser Welt per Live-Chat eine ganz neue Form der pubertären Initiation erfahren – während das Internet also mehr und mehr uns und unsere individuelle Persönlichkeit widerspiegelt, wird dieser Spiegel ausgeschnüffelt, analysiert, verhökert und verkauft.
Wir alle wissen das. Wir denken „Ist echt schlimm!“ und machen weiter wie bisher. Denn anders als damals bei der Volkszählung – als einen Riesenaufruhr wegen einer wesentlich weniger persönlichen Datenerhebungen gab – klingelt niemand an der Tür. Alles geschieht, ohne dass wir es merken. Dabei sollten die Menschen in Deutschland – nach den Erfahrungen des Dritten Reichs und der DDR – eigentlich wissen, was draus werden kann, wenn die Bürger eines Landes bespitzelt werden. Doch so lange keiner (sorry AK Vorratsdatenspeicherung, ihr seid die Ausnahme, die es Gott-sei-Dank gibt!) aufschreit, denkt sich Schäuble fröhlich: „Yes, we can“.
Der AK Vorratsdatenspeicherung bietet eine Reihe von Programmen und Lösungen an, die das anonyme – oder vielleicht auch nur anonymere – Surfen im Internet ermöglichen soll und verschenkte sogar schon Zugänge zu diesen Diensten. Außdem hat er eine Protestseite im Internet eingerichtet, über die man sich informieren kann – und natürlich auch protestieren: Wer schon immer mal Wolfgang Schäuble anrufen wollte, um ihm seine Meinung zu dem ganzen Schlamassel zu sagen – hier findet man seine Telefonnummer und Email-Adresse…
Weil wahrscheinlich schon wieder viel zu wenige Bürger tatsächlich von dieser (weiteren) Meldung aufgerüttelt werden, sollte man sich vielleicht mal parallel dazu überlegen, wie man in einer spektakulären Aktion jedem Einzelnen klar machen könnte, was das bedeutet – jedem Online-Surfer beispielsweise mal täglich eine Email schicken mit den Daten, die über ihn gesammelt werden (dürfen)…
mit unserem überal erreichbarkeits-wahn sind wir grossenteils auch selber schuld, wenn man uns 24 stunden lang überwachen könnte.