Ich zahl nicht für euren Krieg! Über das Konzept der Friedenssteuer

Europa wankt, die Welt auch. Der Bürger zahlt und spart und grollt. Dabei schweigt man gern über Ausgaben, die spätestens seit einem Ausspruch unseres ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler (http://bit.ly/nPxiiW) wohl nicht gänzlich ohne Zusammenhang mit wirtschaftlichen Interessen zu stehen scheinen: Die Militärausgaben machen derzeit den drittgrößten Posten in unserem Bundeshaushalt aus.

Rund 26 bis 47 Milliarden Euro soll uns laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) allein der völkerrechtswidrige Einsatz in Afghanistan kosten (http://bit.ly/pvWwDb). Derlei Einsätze zu finanzieren, dagegen wehren sich schon seit Jahren einige Bundesbürger. Ihr Argument: Wenn man laut Grundgesetz in Deutschland den Wehrdienst verweigern kann, dann soll man auch den finanziellen Wehrdienst mittels Steuern verweigern können…

Steuerverweigerung hat Tradition

Die Steuerverweigerung als Form des zivilen Ungehorsams hat eine lange Tradition. Schon in der Komödie des griechischen Dichters Aristophanes rief Lysistrata: »Nur in Sicherheit brächten wir gern das Geld, nicht verführen es soll euch zum Kriege!«. Eine ganze Reihe kirchlicher Bewegungen tat es ihnen im Laufe der folgenden Jahrhunderte gleich. Und zuletzt dürfte wohl Henry David Thoreau (1817-1862) mit seinem Essay »Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat« zur Ikone des zivilen Ungehorsams und der gewaltfreien Bewegung geworden sein. »Wenn tausend Menschen dieses Jahr keine Steuern zahlen würden, so wäre das keine brutale und blutige Maßnahme – das wäre es nur, wenn sie zahlten und damit dem Staat erlaubten, Brutalitäten zu begehen und Blut zu vergießen«, meinte er.

In den 1960ern wurde – zunächst in den USA – die Steuerverweigerung dann wieder eine von vielen Protestformen gegen den Vietnamkrieg und das internationale Wettrüsten. Auch Haftstrafen und die Pfändung ihres Besitzes konnten sie damals nicht abschrecken. Seit rund 30 Jahren bringt nun der »National Campaign for a Peace Tax Fund« einen Gesetzentwurf für eine Friedenssteuer immer wieder in die parlamentarische Beratung in Washington ein. Und auch in Deutschland gründete sich 1983 eine Friedenssteuer-Initiative, die sich später in »Netzwerk Friedenssteuer« umtaufte.

Steuerverweigerung als Protestform

»Anfang der 1990er Jahre kam es aus Protest gegen den 2. Golfkrieg und die dafür von der Bundesregierung an die USA überwiesenen 17 Milliarden DM zu einem massenhaften öffentlichen Interesse für Steuerverweigerung«, schreibt die Organisation auf ihrer Homepage. Dieses Jahr – in dem sich der Beginn des Afghanistaneinsatzes zum zehnten Mal jährt! – scheint dies aktueller denn je.

Doch die Initiative ist nicht einfach nur »dagegen«! Sie hat gemeinsam mit drei Fachjuristen einen Gesetzentwurf formuliert, der – wie Martin Rambow vom Netzwerk Friedenssteuer in einem Interview mit Antenne Thüringen sagt – praxistauglich sei. Dieser sieht vor, dass neben dem üblichen Bundeshaushalt ein so genannter Bundesmilitärfond gebildet wird. Bei der Steuererklärung kann jeder Steuerzahler angeben, ob er in diesen Fond einzahlen will oder nicht.

Es gibt Alternativen…

Am Gesamtbetrag der zu zahlenden Steuern soll sich dies nicht auswirken – aber man kann dann eben entscheiden, ob die eigenen Steuergelder auch für die Bundeswehr, den Waffenhandel und ähnliches eingesetzt werden soll. Denn: »Ob Du jemanden dafür bezahlst, dass er in Deinem Namen tötet. Oder ob Du es selbst machst, das ist vor Gott gleich…«, meint Martin Rambow im bereits genannten Interview mit Antenne Türingen.

Weitere Infos zum Netzwerk Friedenssteuer gibt es unter: www.netzwerk-friedenssteuer.de

ilona

ist freie Jour­na­lis­tin, Publizistin, Projekt­ma­che­rin und Medienaktivistin. Seit über zehn Jahren schreibt sie Bücher, Blogposts, macht Podcasts, gibt Workshops und hält Vorträge. Zudem begleitet und berät sie öko-soziale Organisationen, Gemeinschaften, Künstler:innen, Kreative und Aktivist:innen bei der ganzheitlichen und nachhaltigen Planung und Kommunikation ihrer Projekte und Bücher.

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