Wenn Experten die Wirklichkeit dran glauben lassen – das ist das Motto der Jahreskonferenz netzwerk recherche (nr) vom 9. bis 10.7. 2010 (in Hamburg). Und es wird Zeit, dass dieses Thema genauer untersucht bzw. diskutiert wird. Denn ob Schweinegrippe, positive Wachstumsprognosen oder das Ausbleiben von wichtigen öffentlichen Debatten (Stichwort Afghanistan) – die Deutschen Medien stecken beileibe nicht nur finanziell in der Krise.
„Sie können je nach Thema und Format ‚gemietet‘ werden oder werben unbemerkt in eigener Sache oder die stillen Auftraggeber im Hintergrund der gekauften Institute. Journalisten nehmen all das brav auf – weil das PR der Herrn Professoren schon stimmen wird“, schreibt netzwerk recherche in seiner Konferenzankündigung. So herrsche kein Zweifel: Experten seien heute für Alles und Nichts willkommene Instrumente im Journalismus, die Inkompetenz und Zweifel der Medien mindern und der Bequemlichkeit der Macher dienen sollen.
Wer ist eigentlich Experte und warum?
„Experten sind in der heutigen Welt der grösste Schatz, den ein Land besitzen kann“, hatte bereits Heinz Maier-Leibnitz festgestellt, einer der früheren Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Sei es in Politik, Wirtschaft oder Wissenschaft: Die Welt ist seitdem noch komplexer, der Experte als Wegweiser durch einen hochspezialisierte Wissens-Dschungel noch wichtiger geworden.
Wenn gehetzte oder bequeme Journalisten nicht mehr durchblicken, dem Zweifel nicht mehr auf den Grund gehen, soll doch wenigstens der Experte so tun, als ob die „bestellte Wahrheit“ stimmen könnte. Zitieren statt recherchieren heiße die Zauberformel des heute dominierenden Sparjournalismus, kritisiert das Netzwerk – und macht das Verhältnis von Journalisten und Experten zum Thema seiner Jahrestagung im Juli.
Konferenz Netzwerk Recherche
Daneben soll es rund 100 andere Panels, Workshops, Vorträge und Debatten mit Referentinnen und Referenten sowie frischem Wissen aus erster Hand geben – ja, es soll über die Krise des Journalismus gestritten werden. Wir sind gespannt, ob das an der derzeitigen Praxis etwas ändert. Denn nur allzu gut wissen wir: Haben es Experten erst einmal in die üblichen Runden geschafft, zitiert man sie immer und überall, mit den ewig gleichen Phrasen, die zu hinterfragen schon fast ein Tabubruch ist…
Infos: www.netzwerkrecherche.de
Bildquelle: Christian Evertsbusch & Verena N., pixelio.de
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