KONFERENZTHEMA: Wirtschaft und Staat sehen wir meist als Kontrahenten. Sind sie aber gar nicht, meint der Philosoph und Buchautor Fabian Scheidler. Er sagt, beide bilden zusammen eine Art Megamaschine, die uns Mensch und Natur ganz schön in der Zange hält.

Es gibt viele Geschichten darüber, wie Staaten, wie Geld und wie Unternehmen in der Form entstanden sind, wie wir sie heute kennen. Vermeintlich wurde Geld erfunden, damit die Menschen Güter einfacher austauschen können. Vermeintlich ist der Staat dazu da, die Wirtschaft in gemeinnützige Schranken zu verweisen. Und vermeintlich sollen Unternehmen dafür sorgen, dass Angebot und Nachfrage bestmöglich zusammenpassen. Wenn man Fabian Scheidler fragt, sind das nur Mythen.

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Konferenz für eine bessere Welt

Fabian Scheidler bei der Konferenz für eine bessere Welt

18. – 19. August 2018, Gut Karlshöhe Hamburg

Fabian Scheidler spricht zusammen mit Linda Neddermann (Campact) bei der Konferenz für eine bessere Welt in einem interaktiven Talk darüber, wie wir der Megamaschine entkommen können. Komm und rede mit!

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Was ist die Megamaschine?

In Wirklichkeit konnten Staaten und Kapitalismus nur in Verbindung miteinander entstehen: Die Kapitalisten haben den Staaten ihre Kriege finanziert – und die Staaten haben dafür den Kapitalisten ihre Macht gegeben, Kapital unendlich zu akkumulieren. Also aus Geld immer mehr Geld zu machen. Im Zusammenspiel bilden sie, was Fabian Scheidler die Megamaschine nennt – in Anlehnung an den Begriff, den der us-amerikanische Architekturkritiker, Historiker, Philosoph, Soziologe und Autor Lewis Mumford zur Beschreibung unserer westlichen Zivilisation als technokratische Kultur bereits in den 1970er Jahren nutzte.

Es ist unbestritten, dass diese Megamaschine ein enorm produktives System ist. Niemals zuvor, haben die Menschen so bequem gelebt wie heute im globalen Norden, quasi der Geburtsstätte der Megamaschine. Noch nie hat der Einzelne bei uns im Schnitt so viele Dinge besessen wie heute. Sie hat aber auch eine unglaublich und noch nie dagewesene Zerstörungskraft – und zwar weltweit. Von der Übersäuerung der Meere über den Klimakollaps und das Artensterben bis hin zum Ende der Ressourcen sorgt diese Megamaschine für ein unglaubliches Ausmaß der Verschwendung, Unterdrückung, Ausbeutung und Zerstörung. Und wir Menschen, wir stehen zum überwiegenden Teil daneben und haben das Gefühl, das von uns geschaffene System nicht mehr aufhalten zu können… Was also können wir tun?

Beginn und Ende der Megamaschine

Wer sich fragt, wie man die Megamaschine anhalten oder zumindest umsteuern könnte, dem seien die zwei Bücher von Fabian Scheidler empfohlen: Im ersten mit dem Titel „Das Ende der Megamaschine“ blickt er sehr detailliert in die Geschichte der letzten 500 Jahre zurück und beschreibt wie sich die Megamaschine in unserer Welt so ungeheuer wirkmächtig ausbreiten konnte. Im zweiten Buch mit dem Titel „Chaos. Das neue Zeitalter der Revolutionen“ schaut er sich an, wie ein Übergang in ein Post-Megamaschinen-Zeitalter aussehen könnte.

Denn – so überwältigend gefestigt die Machtstruktur der Megamaschine heute auch wirken mag – Fabian Scheidler ist sich sicher, dass sie sich irgendwann selbst zerstören wird. Wohl nicht heute oder morgen, aber irgendwann ganz bestimmt. Und zwar, weil sie an zwei Grenzen stößt. Die Erste liegt innerhalb des Systems der Megamaschine selbst: Durch die unendliche Kapitalakkumulation (also durch den Zwang aus Geld unendlich viel mehr Geld zu machen) driften die Einkommen und Vermögen in der Megamaschine immer weiter auseinander. Das muss früher oder später zu gewaltigen sozialen Konflikten führen. Diese können wir Menschen entweder demokratisch und friedlich lösen. Oder – wonach es derzeit leider eher aussieht – es führt zu Gewalt, Kampf und Zerstörung.

Die zweite Grenze, an die die Megamaschine stoßen muss, liegt natürlich außerhalb von ihr: Sie ist die natürliche Grenze unseres Heimatplaneten. Kapitalakkumulation und Wirtschaftswachstum kann nur so lange gelingen, wie es den natürlichen Reichtum unserer Erde gibt. Ist er erschöpft, gibt es nichts mehr, womit sich Profite machen ließen.

Wie komme ich aus der Megamaschine raus?

Einen wirklichen Ausstieg gibt es derzeit wohl nicht, denn unsere gesamte Welt ist mittlerweile in den weit verzweigten Rädern der Maschine gefangen. Und selbst wenn wir hier und da Inseln der Alternativen schaffen, stoßen wir doch auch immer wieder an Grenzen, an denen wir uns mit den Regeln der Megamaschine arrangieren müssen. Dennoch plädiert Scheidler keineswegs für’s Nichtstun. Um Gegenteil!

Konferenz für eine bessere Welt 2018 - Fabian Scheidler„Es gibt natürlich viele Ohnmachtsgefühle angesichts der gewaltigen ökonomischen und ökologischen Verwerfungen. Meine Erfahrung ist, dass das Verstehen von Zusammenhängen oft ein erster Schritt aus der Ohnmacht heraus sein kann. Wichtig ist es, ein Gefühl von „Selbstwirksamkeit“ zurückzugewinnen. Da kann es helfen, sich konkret vor Ort mit anderen zusammen zu engagieren, um aus der Vereinzelung herauszukommen und zu erfahren, dass gemeinsam Änderungen möglich sind, und sei es zunächst auch nur in kleinen Schritten“, erklärt er in einem Interview mit Berlin im Wandel.

Er empfiehlt jeder und jedem Einzelnen selbst zu prüfen, wo ein Ausstieg aus der Megamaschin im individuellen Umfeld sinnvoll und möglich ist: Will man sich eine neue Arbeitsstelle suchen, weil die alte sich nicht mit den Werten deckt, die man eigentlich hat? Möchte man gemeinsam mit anderen Menschen eine Gemeinschaft gründen, die eine Kooperation jenseits heutiger Verwertungs- und Tauschlogik ausprobiert? Oder möchte man in seiner Freizeit einen Gemeinschaftsgarten mit anderen gründen, um sich selbst (teilweise) zu versorgen?

Chaos. Das neue Zeitalter der Revolutionen

Wohl auch weil Fabian Scheidler bei seinen zahlreichen Lesungen immer wieder nach Auswegen gefragt wurde, hat er nun auch noch ein zweites Buch zum Thema „Megamaschine“ veröffentlicht. Es trägt den Titel „Chaos. Das neue Zeitalter der Revolutionen“ und beschäftigt sich mit dem Ausstieg aus der Megamaschine auf gesellschaftlicher (nicht individueller) Ebene und fragt: Wie können wir auf friedliche und demokratische Weise in eine Ära nach der Megamaschine gelangen?

Wie können soziale und ökologische Bewegungen die Risse in ihrem Gefüge nutzen, um eine gerechtere und friedlichere Welt aufzubauen? Wie lässt sich verhindern, dass sich autoritäre Kräfte durchsetzen? Welche Rolle spielt Chinas Aufstieg in der neuen Weltunordnung? Und wo zeichnen sich neue Wege des Wirtschaftens und Zusammenlebens ab, die das gegenwärtige System der „globalen Apartheid“ überwinden könnten?

Eine Generalantwort darauf liefert Scheidler nicht. Und das ist auch nicht möglich. Denn in einem komplexen System wie der Megamaschine lässt sich kein todsicherer Masterplan für den Ausstieg schmieden. Man kann nur Ideen und Utopien entwickeln, sie vorschlagen, diskutieren und sehen, welche so eine Motivation und Zugkraft entwickeln, dass sich die Menschheit in ihre Richtung bewegt. Und dann kann man über den nächsten Schritt nachdenken…

In jedem Fall aber empfehlen wir die beiden Bücher als sehr lesenswerten Stoff für alle, die über den Wandel aus einer größeren Perspektive nachdenken wollen.

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Cover: Das Ende der Megamaschine

Das Ende der Megamaschine.

Geschichte einer scheiternden Zivilisation

Fabian Scheidler

ISBN 978-3-85371-384-6

272 Seiten, 19,90 Euro

Promedia Verlag

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Cover: Chaos von Fabian Scheidler

Chaos.

Das neue Zeitalter der Revolutionen

Fabian Scheidler

ISBN 978-3-85371-426-3

240 Seiten, 17,90 Euro

Promedia Verlag

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