Nichts ist gut in Afghanistan – eine einfache Feststellung und alles echauffiert sich. Die Politiker ereifern sich. Die Mainstream-Medien berichten im besten Fall neutral… Der „coole Baron“ (wie sich der Stern vor Monaten ja nicht zu schade war zu titulieren) Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) will Frau Käßmann sogar nach Afganistan schleifen, um ihr das Gegenteil zu beweisen. Was – alles ist gut in Afghanistan??? Es gibt keinerlei Bedenken hierzulande über die Schwemme an Euphemismen, die sich im Zusammenhang mit dem Afghanistan-Einsatz breit macht???

Ist Deutschland die Sensibilität verloren gegangen über die Rolle der Bundeswehr, die ja eigentlich streng auf „Verteidigung“ begrenzt sein sollte? Darf unser Staat Menschen töten – ob nun Terrorist oder Zivilist (anscheinend können die Entscheidungsträger da vor Ort ja angeblich immer nicht so sicher sein)? Wer entscheidet eigentlich, wer  in einem „asymmetrischen Krieg“ der Feind ist? Und wer, dass man mit den Mitteln des Krieges gegen ihn vorgehen darf oder muss?

Jawohl des Krieges – denn auch wenn die Politiker dieses Wort wie der Teufel das Weihwasser scheuen: Sie sprechen lieber von „begrenztem Einsatz“ und davon, dass es um den langfristig Erhalt von Frieden und Freiheit gehe, um den Aufbau eines Landes, den Schutz der Menschenrechte (insbesondere der Frauen), der Demokratie. Fast scheint es, als würden unsere Soldaten dort lediglich der Polizei ein bisschen unter die Arme greifen – sich quasi ein bisschen mit Verbrechensbekämpfung beschäftigen. Dabei entscheiden sie über  „angemessene Angriffe“ –  ohne eine völkerrechtliche Klärung.

Von den Mainstream-Medien erwartet man erfolglos eine öffentliche Debatte. Die User-Kommentare bei Spiegel, Stern und Co. sehen dagegen anders aus: „Was schreiben Sie denn da. Sie nutzen etwas, nämlich die Meinungsfreiheit, was durch Luther und die daraus entspringenden Folgen der Aufklärung im Laufe der Zeit erst ermöglicht wurde. Und Luther predigte genau wie Frau Käßmann von der Kanzel. Ich sage nochmal: Die Kirche, und damit in erster Linie Frau Käßmann, hat die Pflicht, Missstände anzuprangern, ob’s den Politikern passt oder nicht“, schreibt beispielsweise bauernstammler bei Stern.de. „jesus hätte das, was in afghanistan passiert, noch deutlicher kritisiert als es frau käßmann tut!“, ergänzt jackiki. Und jetrabbit meint: „wie soll es moralisch möglich sein, von einem religionsvorsteher oder vertreter eines glaubens, soldaten oder gar krieg gutzuheissen. … ich hätte nicht im traum gedacht, das es menschen gibt, die ihr nicht recht geben würden… ausser vielleicht politiker und soldaten. was sagt denn der papst zu den millionen toten zivilisten im namen der freiheit, der hält wohl die klappe oder?“

Also, liebe Frau Käßmann: Danke, dass sie aussprechen, was viele Menschen denken und fühlen. Danke für den Anstoß zu einem offenen, demokratischen Dialog. Und danke, dass sie sich nicht unter Druck setzen lassen und zu Ihrer Predikt stehen. Danke auch, dass sie uns die Hoffnung geben, die Kirche stehe zu christlichen Werten (was gewissen Parteien mit einem „C“ im Namen anscheinend schon lange abhanden gekommen ist…).

Unabhängig davon, welche Meinung man nun in diesem Fall teilt, tut es zudem gut – auch in den Reihen der Kirche – Menschen zu haben, die Ihre Standpunkte und Meinungen aussprechen, auch wenn sie ggf. nicht polulär sein sollten (oder bei den Meinungsmachern gut ankommen). Mir persönlich fehlen die „Denker“ und Vorbilder aus Politik, Wissenschaft und Kultur, die dies in Deutschland noch tun (ob mir deren Meinung dann auch passt oder nicht). Doch ohne sie – haben wir keine Demokratie!

Bildquelle (v.l.n.r.): wandersmann, norbert möhler, www.pixelio.de