#kaufnix heißt die neue Kampagne der Deutschen Umweltstiftung. Und ich frage mich: Was wäre, wenn wir alle ab heute nichts mehr (Neues) kaufen würden?
Wie wäre das wohl, wenn wir alle von heute auf morgen nichts mehr kaufen würden? Also nichts, außer dem, was wir im alltäglichen Leben so verbrauchen: Essen, Seife, Zahnbürsten, Socken oder Schnürsenkel. Wie lange würden wir wohl mit dem auskommen, was schon da ist. Ziemlich lange, vermute ich. Denn es ist ja alles wahrlich im Überfluss da: Rechner, Smartphones, Kleider, Schuhe, Taschen, Fahrräder, Autos, Möbel, Geschirr, Bücher und so weiter und so fort.
Wer schon mal versucht hat, Dinge auszusortieren und sinnvoll weiterzugeben, der weiß, dass das mitunter gar nicht so einfach ist: Jede*r hat schon alles. Also wenn wir dann auch noch Strategien wie Reparieren und Selbermachen dazunehmen würden, dann dürften wir eine recht lange Zeit mit dem auskommen, was schon produziert ist. Vielleicht würden wird dann auch eine andere Haltung bekommen. Eine andere Haltung zu den Dingen – aber auch zur Arbeit …
Unsere #kaufnix-Haltung zu den Dingen
Im Moment ist es bei den meisten Menschen so, dass sie das Neue, noch Unbenutzte, Makellose besonders schätzen. Wehe es kommt ein Kratzer ans Auto oder die Brille oder eine Macke ans Geschirr oder das Handy! Nicht alle sehen das so, wie wir. In Japan gibt es zum Beispiel die Kultur des Wabi Sabi – besonders geschätzt wird hierbei das Unperfekte, Vergängliche und Einfache. Kurz: Das Leben selbst.
Mit dieser #kaufnix-Haltung würden wir viel mehr Dinge unser Leben lang bewahren. Wir würden Geschirr kitten, Jacken flicken, Kühlschränke, Schuhe oder Möbel reparieren. Nichts spräche dagegen, einen Rechner, ein Tablet oder ein Smartphone zu bauen, das zehn, zwanzig – wer weiß? – vielleicht sogar 30 Jahre hält und sich immer wieder reparieren und ausbauen lässt.
Unsere #kaufnix-Haltung zur Arbeit
Aber so, wie die Lage derzeit ist, zelebrieren wir eher die Schnelllebigkeit, die Verschwendung, den Überfluss, die Wegwerfkultur. Immer kürzer werden die Zeiträume, die uns die Dinge in unserem Leben begleiten. Ein Paar Schuhe? Einmal getragen und ab in den Altkleiderkontainer. Eine Weihnachtsdeko? Nach der Saison entsorgt – im Idealfall über den Flohmarkt, ansonsten über die Mülltonne.
Wer solche Dinge herstellt, muss sich keine Mühe geben. Der wird mit Sicherheit auch schlecht bezahlt, den Wegwerfartikel dürfen nicht teuer sein. Und der erfährt wahrscheinlich auch keine große Wertschätzung. Denn das, was er oder sie herstellt, ist eben nicht viel wert … Das verleiht Arbeit eine Sinnlosigkeit, die sich meiner Meinung nach durch viele Bereiche zieht (denn es geht ja nicht nur um die Herstellung der Billigprodukte, sondern auch um deren Vermarktung, Verkauf etc.).
Würden wir weniger Dinge herstellen, diese aber lange behalten, reparieren und pflegen, sähe das vermutlich anders aus. Was wir herstellen und verbreiten würden, hätte einen hohen Wert. Was wir reparieren wäre den Besitzer*innen wirklich wichtig. Es würde einen Unterschied ausmachen, wie gut wir unsere Arbeit machen und ob das, was wir da tun, lange hält. Ich stelle mir das wesentlich erfüllender vor (und versuche das gedanklich gerade auch auf meine Arbeit – das Schreiben – zu übertragen :-).
Genug #kaufnix-Gründe
Das sind natürlich gute Gründe, um ab sofort nix (Neues) mehr zu kaufen. Und statt dessen Alternativen wie Tauschen, Teilen, Reparieren und Schenken auszuprobieren. Das wäre auf der einen Seite vermutlich viel günstiger, als laufend was Neues zu kaufen. Es würde auf der anderen Seite aber auch Arbeitsplätze kosten – wenn wir das wirklich alle machen würden. Die Erde, die Natur würde sich freuen.
Wir Menschen müssten uns ein neues System überlegen, wie wir zusammenleben wollen. Ein #kaufnix-Wirtschaftssystem … Wir müssten uns dann überlegen, wie wir unsere Sozialversicherung organisieren wollen. Was mit den Unternehmen geschehen soll und wer die Unternehmenssteuern ersetzen soll. Wir wir Solidarität praktizieren wollen. Wie wir Wohlstand verteilen wollen. Und wie wir unserem Leben durch unser Tätigsein und Beitragen Sinn geben könnten. Denn sicherlich würden die Menschen dann nicht aufhören, etwas zu tun. Sie würden vermutlich nur etwas anderes tun.
#kaufnix – bleib dran!
Die tatsächlichen Auswirkungen eines solchen Umschwungs wären mit Sicherheit gewaltig. Wir können uns vermutlich gar nicht im Voraus genau ausmalen, was das alles bedeuten würde. Aber es sind ja leider auch nur hypothetische Überlegungen. Solange zumindest, wie nicht sehr viele Menschen durch die Kampagne der Deutschen Umweltstiftung überzeugt sind. Das dürfte wohl auch noch ein bisschen dauern. Aber dennoch finde ich die Website mit den Beiträgen sehr inspirierend.
Schaut doch auch mal rein und macht mit: https://kaufnix.net/
Bildquelle: "Vintage"by sokiara is licensed under CC BY-NC-ND 2.0
Das stimmt, wenn wir lange genug warten, kommt alles kostenlos zu uns.
Aber was passiert denn mit den Menschen, die die vielen Dinge herstellen? Werden die arbeitslos? So wie ich, der in einer Druckerei gearbeitet hat, und weil Druckwerke durch Elektronik ersetzt werden, wurde geschlossen.
Hallo Henry, ich finde, das ist ein super wichtiger Hinweis. Und er zeigt: Umweltschutz geht eindeutig nur mit sozialer Gerechtigkeit bzw. mit einer Vorstellung davon, wie wir Arbeit, Geld und Wohlstand gerechter verteilen. Es ist ja nicht zu wenig zu tun. Es gibt nur eben viel Arbeit, die nicht oder nur zu schlecht bezahlt wird. Das Konzept der Erwerbsarbeit, wie wir es jetzt haben, müssen wir aus unterschiedlichen Gründen dringend überdenken. Nicht nur, weil wir dringend ein Ende der Wachstumsideologie brauchen. Sondern auch, weil es die Digitalisierung, den demografischen Wandel und noch vieles mehr gibt. lg, Ilona
Hallo Henry, eine kaufnix Ökonomie benötigt immer neue Waren (das Gesetz der großen Zahl sorgt allein in D bei 83 Mio. Einwohnern dafür, dass es umfangreiche Neuproduktion geben muss). Wenn die Waren dann mit hoher Qualität zu anständigen Preisen hergestellt und anständige Löhne bezahlt werden, gibt es auskömmliche Jobs. Dann müssen die Gegenstände gepflegt, repariert und dem Stand der Technik angepasst werden. Auch das schafft Arbeit.
Drucker werden nur deshalb arbeitslos, weil zu viele Menschen das Web für Noppes missbrauchen. Vielleicht gründet man eine Druckkooperative, die crowdfinanziert wunderbar wertige Bücher herstellt, die man gern zur Hand nimmt … ? Lass Deine Handwerkskunst nicht brach liegen!
Schön, dass es jetzt so eine Plattform gibt.Als Konsumverweigerin habe ich ein Jahr ganz ohne und viele Jahre mit so wenig Geld wie möglich gelebt.Da kam ich im Schnitt auf 150 Euro pro Monat. Wenn wir lange genug warten, kommt alles kostenlos zu uns. Mein Leben habe ich auf vagabundenblog.wordpress.com beschrieben. In der Blogroll ist unter e-book vom vagabundenblog ein Buch „Vom Leben ohne Geld“ zu finden.
Das frage ich mich tatsächlich auch oft…wie das wohl wäre.
Menschen kann man nur leider nicht mirnichtsdirnichts ändern :-(.
Man bekommt immer öfter das Gefühl, dass der Konsum in der Gesellschaft ein Ventil für persönliche Defizite ist.
Hier müsste mMn schon in der Schule angesetzt werden. Auf Eigenverantwortung braucht man da leider nicht groß setzen, wie die steigenden Konsumzahlen zeigen.
Danke für den tollen Artikel und den Link.
Werde gleich mal mitmachen.
LG Danni
Wer etwas reparieren lassen wiil, hats schwer. Reparaturen sind z. B bei Möbeln unerwünscht. Wird schon so produziert, dass es bald zerbröselt oder bricht, um die Leute zum Neukauf anzuregen. Das Handwerk wurde kaputt gemacht durch billige Erzeugung in Billigländern und gute ökonomische Ware für Familien oft unerschwinglich. Zu teure Preise für schlechte Qualität. Meine Möbel, die ich vor 30 Jahren gekauft habe, sind zwar nicht mehr so schön, aber sie halten was aus. Liebe Grüße
Vielen Dank für diesen wichtigen Artikel. Ein Umdenken ist so dringend notwendig – Reparieren und wertschätzen statt Wegwerfkultur. Aber es ist halt so einfach, in den nächsten Elektromarkt zu gehen und das kaputte Gerät schnell zu ersetzen. Ich hoffe, dass mehr Menschen sich dieses Konsum-Wahnsinns bewusst werden. Die #kaufnix Kampagne finde ich sehr unterstützenswert.