Freiräume sind mit das wichtigste, um den Kopf für die wirklich wichtigen Dinge frei zu bekommen. Wenn das dann auch noch ein Raum für kollektive Kreativität wird, wird es richtig spannend.

Jeden ersten Montag eines jeden zweiten Monats treffen sich Menschen rund um die Erde zu so genannten »Instant Open Spaces«. Klar, das kommt aus Amerika. Und es bezeichnet eine Form des »Meetens«, die sich wohl am ehesten mit den »Unconferences« im Barcamp-Format vergleichen lässt: Es gibt keine Teilnehmer (Zuschauer), es gibt nur Initiatoren. Was läge da wohl näher, als bei so einer Gelegenheit über mehr Bürgerbeteiligung in Deutschland zu diskutieren? Ein Ergebnisplädoyer…

Wie geht ein »Instant Open Space«?

Aber vorab noch ein oder zwei Worte zu dem Format der »Instant Open Space« – denn die sind zu interessante Werkzeuge für die Ideenfindung, um unerwähnt zu bleiben. Vorhanden sind: rund zwei Stunden Zeit, ein Raum, 20 bis 40 Menschen, Stühle, dicke Stifte und Sticky-Notes im Überformat. Und dann geht es los: Nach rund 15 Minuten Vorstellungsrunde wir die Vorgehensweise 5 Minuten erläutert. Danach kann Jeder nach vorne gehen, sein Thema auf einen Zettel schreiben, kurz anmoderieren und an die Wand hängen, wo zum Beispiel drei verschiedene Räume zu zwei verschiedenen Zeiten zur Verfügung stehen.

Die Regeln des Open Space

Sind alle Themen an die Wand gebracht, kann man noch 5 Minuten darüber debattieren, wo und wann welches Thema stattfinden soll – fast immer wäre man nämlich gerne in zwei Parallel statt findenden Sessions. Und schon treffen sich die jeweils Interessierten zur meist recht engagierten Diskussion.

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4 Regeln des OpenSpace

  1. Wer immer kommt ist genau der Richtige oder die Richtige (also ärger Dich nicht, wenn jemand doch nicht gekommen ist, sondern freue Dich über die, die gekommen sind!)
  2. Was geschieht ist das, was geschehen soll
  3. Die Session beginnt, wenn sie beginnt
  4. Sie ist vorbei, wenn sie vorbei ist (keiner muss also die vorgegebenen 35 Minuten pro Session einhalten oder ausnutzen)

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Zudem besagt das einzig vorgeschriebene Gesetz, dass es keines gibt: Jeder kann kommen und gehen, wie er möchte. Findet er eine Session doch nicht so interessant, kann er wechseln – er ist dann wie eine Biene, die für Befruchtungen zwischen den Sessions sorgt. Findet man keine Session interessant, kann man sich auch in der Nähe des Buffets aufhalten (wenn es eines gibt). Auch dort gibt es in der Regel genug Informationen zu teilen, Kontakte herzustellen und Ideen zu entwickeln…

Wie geht mehr Bürgerbeteiligung in Deutschland?

Soviel also zum Ablauf im Allgemeinen. Zu unserem Session-Thema im Speziellen: Natürlich haben wir in 35 Minuten nicht der Weisheit letzten Stein gefunden. Doch war es interessant, sich auszutauschen und festzustellen: Ja, wir alle haben das Gefühl, dass wir gesellschaftlich an einer Schwelle stehen, in der sich unsere »Demokratie« (wenn wir denn noch ein haben) weiter entwickeln muss – früher oder später.

Klar erschien uns aber auch, dass Bürgerbeteiligungen in der aktuellen Form nicht ausreichen. Vielmehr brauchen wir eine institutionalisierte Form – eine die rechtskräftig ist oder zumindest so stark legitimiert und mit Autorität versehen, dass Politiker sich schon rechtfertigen müssen, wenn sie sie ignorieren.

Da wurde zum Beispiel die Idee einer dritten Institution neben dem Parlament genannt, das Lösungen für anstehende Probleme entwickelt – sei dies nun das Thema »Gentrifizierung«, »Vereinfachung des Steuerssystems« oder »Energiewende«. Diese Institution müsste mit einem repräsentativen Querschnitt der Gesellschaft besetzt werden, um Klientelpolitik zu vermeiden.

Interessant war auch die Idee eines Bürgerbeteiligungsspiels, wie es der Netzwerk Agens e.V. anbietet: In Hamburg finden im Rahmen der Umwelthauptstadt-Events auch so genannte Stadtplanungsspiele statt, die zum Teil öffentlich sind (www.stadtspieler.com/365ideen). Hier kann im Prinzip jeder Ideen und Visionen für eine nachhaltige Stadt entwickeln. Das Interessante an dem Spiel ist nicht so sehr, dass dabei Ideen heraus kämen, die tatsächlich umgesetzt würden – sondern dass so ein Spiel laut Initiator Georg Pohl frei mache für Visionen … und Kompromisse.

Denn in einem Spiel hat man weniger zu verlieren, als im realen Leben, ist dessen Erfahrung. So hat er schon erlebt, dass sich vollkommen verhärtete Fronten – nicht nur bei Stuttgart 21 eine leider häufige Entwicklung, wenn Bürgerbeteiligung versucht und/oder gefordert wird – aufweichen ließen und somit auch nach dem Spiel neue Kompromisse möglich schienen.

Unser Fazit in Sachen Bürgerbeteiligung und Demokratie

Insgesamt erschienen uns damit vier Faktoren wesentlich:

  1. Bürgerbeteiligung muss stärker institutionalisiert werden
  2. Bürgerbeteiligung muss repräsentativ sein
  3. Bürgerbeteiligung braucht Anleitung, um Ideen entwickeln und kommunizieren zu können, denn:
  4. Bürgerbeteiligung muss leicht sein – und nicht schwerfällig wie die Bürokratie heutzutage oftmals ist.

Weitere Infos zum Open Space in Hamburg gibt’s auch hier.