Was wäre, wenn es eine weltweite, allgemein gültige Regelung gäbe, die besagt, was fair und gerecht ist? Eine Regelung, an der die Menschen das Handeln der Politik messen könnte. Wie sähe unsere Welt dann wohl aus?
Unsere Welt ist ungerecht. Das liegt sonnenklar auf der Hand. Es gibt Gesetze, ja. Doch jeder weiß, dass diese für reiche und mächtige Menschen nicht in gleichem Maße gelten, wie für arme, mittellose. Das gilt innerhalb nationaler Grenzen genauso wie auf globaler Ebene. Doch warum akzeptieren Menschen einer demokratischen Gesellschaft wie der unsrigen so widerstandslos eine steigende Ungleichheit?
Unser Sinn für Gerechtigkeit
Es gibt einen neuen, sehenswerten Dokumentarfilm, der sich dieser Frage widmet. Zunächst versucht er herauszufinden, ob ein Sinn für Gerechtigkeit überhaupt angeboren, dem Menschen eigen ist – und inwieweit die Gesellschaft unsere Vorstellung von Fairness verändert. Ich will nicht gleich schon alles verraten, doch grob gesagt ist es schon so, dass Menschen anscheinend ein Empfinden für Gerechtigkeit mitbringen.
Doch was wir als fair oder unfair ansehen, hängt auch mit den Regeln zusammen, die um uns herum aufgestellt werden. Zum Beispiel akzeptieren wir fast alle, dass beim Sport der Gewinner oder die Gewinnerin den gesamten Sieg einfährt – auch wenn er oder sie nur eine Millisekunde schneller war oder einen einzigen Punkt mehr hat. Eigentlich ja ungerecht, oder nicht?
Ähnlich sieht es anscheinend auf gesellschaftlicher Ebene aus: Es hat sich der Mythos durchgesetzt, dass das Wohl oder Weh eines Menschen mit dessen Entscheidungen zusammenhängt. Nicht unbedingt bewusst, aber dennoch herrscht die Meinung vor, dass arme und benachteiligte Menschen ihre Situation selbst verursacht hätten – etwa bei Obdachlosen.
Die meisten überlegen sich anscheinend nicht, dass sie vielleicht von vorne herein nur sehr wenige Entscheidungsmöglichkeiten hatten, die ihnen ein anderes Schicksal bereitet hätten. Und so haben viele von uns eben auch kein Problem damit, wenn sie ungerecht und unfair behandelt werden.
Kampf für Gerechtigkeit
Nachdem sich der erste Teil des Films vor allem mit der Erforschung unseres Gerechtigkeitsempfindens beschäftigt hat, geht es im zweiten eher darum, wie ungerecht unsere Welt (dennoch) ist – und wie sie Menschen für mehr Fairness engagieren: Vom Kampf der Isländer gegen die korrupten Banker und Politiker bis zu einer indische Unberührbaren, die anderen Frauen aus ihrem Los als un(ter)bezahlte Latrinenleererinnen befreit.
Der Zuschauer bekommt als ein Beispiel für eine möglichst faire Gesellschaft Costa Rica präsentiert – und als Beispiel für individuellen Mut einem amerikanischen 12-jährigen Mädchen, das seine Regierung verklagt, weil sie nicht sorgsam mit den natürlichen Ressourcen umgeht, die die Bevölkerung ihrem Schutz überlassen hat …
John Rawls und mein Fazit
Ich fand das Thema des Films sehr attraktiv und den Film schon auch sehenswert. Allerdings blieb er meines Erachtens unter den Möglichkeiten. Mir fehlte einerseits der rote Faden in der Geschichte. Um das aufzufangen arbeitete der Film mit Thementafeln, was mir nicht so gut gefallen hat.
Was mir aber noch wichtiger gewesen wäre, wäre die Auseinandersetzung mit der philosophische Frage, wie wir denn nun zu einer eingangs erwähnten allgemein gültigen Regelung für Gerechtigkeit kommen könnten?
In diesem Zusammenhang ist mir neulich die Theorie von John Rawls über den Weg gelaufen. Knapp zusammengefasst meint er, dass wir uns – um zu gerechten und fairen Regeln für alle zu kommen – vorstellen sollten, wir wären noch nicht geboren und könnten daher nicht wissen, in welcher Situation wir uns wiederfinden würden.
Ich frage mich, wie die Welt aussehen würde, wenn Manager nicht wüssten, ob sie Fließbandarbeiter geboren würden? Wenn Politiker nicht wüssten, ob sie als syrische Flüchtlinge auf die Welt kommen würden? Oder wenn du und ich nicht wüssten, ob wir als indische oder chinesische Fabrikarbeiterinnen geboren würden? Was meinst du?
Filmtipp
Fairness – Zum Verständnis von Gerechtigkeit
Ein Dokumentarfilm von Alex Gabbay
ab 29. Juni im Kino | Website mit Infos
Foto: Antoine Deltour war der Whistleblower, der den LuxLeak-Skandal lostrat.Die Verursacher des Steuerskandals sind bis heute straffrei. Deltour wurde verurteilt. Ist das gerecht? Bildquelle: Mindjazz
Hallo Ilona,
(Betr.: https://www.fuereinebesserewelt.info/fairness-film/)
ich frage mich gerade nach den Bedeutungs-Unterschieden zwischen dem deutschen ´Gerechtigkeits´- und dem angelsächsischen ´Fairness´-Begriff:
Für mein Empfinden klingt ´Gerechtigkeit´ nach der ordnenden Gewähr(ungs)-Leistung von Autoritäten in Familie,Gruppe, Gemeinwesen.
Der ´Fairness´-Begriff hingegen hat, wie er mir begegnet ist, eher als ´Ingroup-Vorgabe/Abrede (?!) sein Haupt-Movens im Herzen jedes Handenden, ist Charakter-Merkmal und -Leistung im Kontext des jeweiligen Beziehungsgefüges, das durch Verhalten und Handlung X tangiert ist. – Oder?
E R S T ALS ´ Z W I S C H E N – G R U P P E N – ABREDE´
WÄRE DAS WECHSELSEITIG FREIE GEWÄHREN VON FRAGLOS GLEICHGEWICHTIGER WÜRDE,
– denke ich –
DAS, WAS A L L E I N
DEN UNAUFHEBBAREN HERRSCHAFTS-CHARAKTER JEDER ART VON ORDNUNG
AUSBALLANCIEREN K A N N !
Die Frage nach dem jeweils FAIREN REGEL-GEFÜGE, in dem wir einander d i e s e W ü r d e g e w ä h r e n könnten, wenn wir wollten, wird wohl immer letzten Endes in Auseinandersetzung mit den jeweiligen SITUATIVEN BESTIMMUNGSGRÖSSEN zu entscheiden sein …
– wozu nicht zuletzt das jeweils zugestandene oder angestrebte Beziehungs-GEFÜGE gehört… (also: mit wie geschickt ideologisierten Vorrangs-Vorstellungen versuche ich mich im Leben verortet zu halten bzw. neu zu verorten?)
– und als dessen Basis wiederum die in dieser oder jener Bewegung befindlichen Bevor- bzw. Benachteiligungs-Gefüge, auf deren K o m p a t i b i l i t ä t mit als passend/glaubwürdig empfundenen//empfindbaren Regelungsgefügen es jeweils ankommt — existiere diese nun eher optimal, nurmehr abgeschwächt, gar nicht mehr – – –
Wann und wo immer Menschen ihre IDENTITÄT als Individuum wie/oder als Gruppe im Wegen von CHAUVINISMEN welcher Prägung immer d e f i n i e r e n , w e r d e n s i e jede Form von ´Zwischen-Gruppen-Fairness´ ablehnen und zurückdrängen wollen.
Erst wo DIE IN DIE ´UNDERDOG-ROLLEN´ VERWIESENEN ihrer vielfältigen AUSWEICH- & AUSBALLANCIERUNGS-OPTIONEN im Angesicht blanker G e w a l t fundamental b e r a u b t werden , m u s s Erzwingungsmacht zumindest erst einmal nurmehr (allerdings findig !!) h i n g e n o m m e n (nichts ist schließlich für die ´Ewigkeit´!) – oder aber mit Gegengewalt beantwortet werden – mit dem ganzen Irrsinn solcherweise bedienter Spiralen…
B i s d a h i n ist der WEG, den wir EINANDER GEGENÜBER beschreiten können, der selbstbestimmten W o l l e n s , nicht erzwungenen Müssens …
__________
Damit bleibt :
1 die usurpativ-gewaltgestützt – oder – verabredeterweise, dann freilich vergemeinschaftet gewaltgestützt (korporativ verwaltete Gewaltmonopole), e n t w e d e r : eine autoritäre HERSTELLUNG von ´Gerechtigkeit´…
2 O d e r aber: es gilt SOUVERÄN PRAKTIZIERTE FAIRNESS nach innen ebenso selbstredend wie nach außen … !
– – – WAHRSCHEINLICH FREILICH GIBT ES DAS EINE NUR IM ANDEREN – – –
ZIEL-OPTION sollte und könnte sein,
wofern wir das wollen:
1 aus 2