Mit »Wohnungsdiäten« oder »Simplify your Life«-Therapien versuchen wir uns hier von der quälenden Last des Zuviel zu befreien – auch und vor allem bei der Mode. Doch das kann nach hinten losgehen. Tipps für die ethisch-korrekten Kleiderspende…

Immer mehr Menschen folgen dem Rat immer dann ein Kleidungsstück auszusortieren, wenn man sich ein Neues kauft! Da die meistens noch zu gut für die Verbrennungsanlage sind, kommen sie in die Altkleidersammlung. Klappe zu! Und was passiert dann? Wir haben uns mal auf den Weg gemacht und das heraus gefunden:

Jeder Deutsche »verbraucht« pro Jahr 12 Kilogramm Kleidung. Das sind insgesamt 750.000 Tonnen Altkleider (2008) oder auch 50.000 randvoll gestopfte Eisenbahnwaggons… Diese riesigen Berge an Kleidern können niemals komplett an Bedürftige gehen – sie würden darin ersticken. Doch was geschieht mit dem ganzen Rest? Wen unterstützen wir damit? Und wobei?

Zunächst einmal ist es nicht so, dass die Caritas oder das Deutsche Rote Kreuz die Sachen sortieren und dann bei dahin siechenden Mütterlein vorbeibringen (zusammen mit der warmen Suppe). Nein, die Altkleidersammlungen gehen in Sortierbetriebe. Dort schauen sich Menschen an, was noch modisch und heil ist (rund 20 Prozent aller Altkleider), welche Textilien für Putzlappen zu verwenden sind (zirka 16 Prozent) und welche sich für Recycling-Materialien nutzen lassen (etwa 21 Prozent). Der Rest (rund 20 Prozent) wird verbrannt.

 

Die etwa 20 Prozent Second-Hand-Ware kommen allerdings nur zum Bruchteil in Deutschland auf den Markt. Der überwiegende Teil wird nach Afrika oder Osteuropa verschifft. Jährlich treffen rund 400.000 Tonnen Altkleider vorwiegend aus Westeuropa und Nordamerika in Afrika ein. In Ländern wie Tansania oder Kenia sollen rund 70 Prozent aller Kleider Second-Hand sein – eine ganze normale Sache also. Altkleider haben hier sogar ihren eigenen Namen: »Mitumba«, was Kishuaeli ist und so viel heißt wie »Bündel« oder »Ballen«.

Nun stellt sich natürlich die Frage: Ruiniert dieser Handel den heimischen Textilmarkt – ähnlich wie dies Geflügelreste tun (siehe auch beispielsweise hier)? Nein, meint der Verband Fairwertung (www.fairwertung.de). Er wurde 1994 eigens zu dem Zweck gegründet, solche Zusammenhänge zu ergründen und einen fairen Umgang mit Altkleidern zu gewährleisten. Seiner Meinung nach fördert der Handel mit Altkleidern sogar die afrikanische Wirtschaft: Für viele sei der Handel mit Mitumba eine Möglichkeit des sozialen Aufstiegs. Zudem organisiere sich eine kleine Industrie um Mitumba. Schneider beispielsweise erlebten aufgrund zunehmender Änderungswünsche einen Aufschwung und böten mittlerweile sogar zum Teil eigene Kollektionen aus Mitumba an. Dass der einheimische Textilmarkt einen Aufschwung erfahren würde, gäbe es die Altkleider nicht, hält Fairwertung für unwahrscheinlich: ohne Subventionen wäre die Produktion dort nicht rentabel, meint die Organisation.

Problematisch seien vielmehr die Handelswege bis hin zum afrikanischen Markt. Das betrifft zum einen die Clans in den Ländern selbst, die den Second-Hand-Import fest im Griff haben. Mafiöse Strukturen schmälern dabei den Gewinn der Kleinhändler, während die »dicken Fische« wieder mal den Löwenanteil einstreichen. Das betrifft laut Fairwertung zum anderen aber auch die hiesigen Sammler hier in Deutschland: Da gäben sich einige Sammler als gemeinnützige Hilfsorganisationen aus, die gar keine sind. Und auch tatsächlich gemeinnützige Hilfsorganisationen gingen nicht immer offen damit um, dass sie die gesammelten Kleider an Sortierbetriebe weiter verkaufen, um so ihre gemeinnützige Arbeit zu finanzieren (was ja an sich nichts Schlimmes ist).

 

[notification type=“notification_info“ ]

Wichtig ist es aus Sicht von Fairwertung deshalb auf folgende Hinweise zu achten:

  1. Steht auf dem Sammelzettel oder dem Container eindeutig, wer hier sammelt?
  2. Gibt es Kontaktdaten, eine Telefonnummer? Ruft ruhig einfach mal an, um zu testen, ob die angegebene Nummer tatsächlich vergeben ist.
  3. Erteilen die Sammelstellen Auskunft, was mit den Kleidern geschieht? Dies sollten sie natürlich tun.

[/notification]

Vor den Haustüren abgestellte Wäschekörbe sind zwar bequem, aber meist von gewerblichen Sammlern dort aufgestellt. Auch die sind natürlich nicht verwerflich – doch oft täuschen sie vor, mit den Sammlungen Hilfsbedürftige zu unterstützen, um so die Sammelquote zu erhöhen. Und solche Täuschungen sollte man natürlich nicht unbedingt unterstützen!

Übrigens: Wen diese Zahlen auch geschockt haben und deshalb bei diesem ganzen Unfug der immer schnelleren Modewellen nicht mehr mitmachen will, der kann sich – wie ich – übrigens auch mal im eigenhändigen Recyclen versuchen: Putzlappen herstellen dürfte jeder zustande bringen. In dem Buch »Mach Neu aus Alt«, das ich neulich besprochen habe, sind ebenfalls nützliche Tipps zu finden. Und schließlich ist instructables.com meine Lieblingsquelle für Selbstgemachtes und -recycltes (wenn ihr sucht, findet ihr auch Anleitungen von mir ;-). Viel Spaß dabei!

Alle Bilder stammen von www.fairwertung.de