Wie lange hat es gedauert, bis man die Milliarden für die Bankenrettung zusammen und bewilligt hatte? Eine Woche? Wie lange jedoch braucht man nun schon schon, um sich in Sachen Hartz IV zu einigen – ein Jahr? Und am Ende schafft man noch nicht mal das. Da stimmt doch was nicht. Da ist doch irgendwo der Wurm drin. Wenn jemand ertrinkt, dann springt man und diskutiert nicht lange herum, oder? Jetzt sind die Verhandlungen zwischen der Regierung und der SPD geplatzt und jeder gibt dem anderen die Schuld. Man habe ja nur das Beste gewollt. Pustekuchen… wer es glaubt wird selig. Nun soll es der Bundesrat richten, notfalls mit gekauften Stimmen. Und wenn das nicht klappt, was dann?

Genau so bringt man Menschen gegen sich auf und verschlechtert das ohnehin schon angeschlagene Image der Politiker und ihrer Parteien. Denn was soll ein Hartz IV-Empfänger denn denken, wenn er so an der Nase herum geführt wird? Er hat es ja ohnehin schon schwer, denn unsere Gesellschaft ist so erzogen, dass die meisten von denen die (noch) einen Job besitzen und Einkünfte beziehen eher ungnädig auf die Empfänger von Transferleistungen herunter schauen.

Das Vorurteil, dass wer keine Arbeit habe, selbst daran schuld sei, ist bereits das Ergebnis einer mächtigen PR-Kampagne der Politik. Denn diese kann ja schlecht zugeben, dass ihr die Arbeitnehmer die letzten Jahre so ziemlich egal waren (mal abgesehen von deren Stimmen). Sie können nur schwerlich eingestehen, dass sie ausschließlich nach der Pfeife der Wirtschaft tanzen, und es unterlassen haben, eine anständige Arbeitsmarktpolitik zu betreiben. Sie würden ihr Gesicht verlieren, wenn sie zugeben würden, dass sie den Laden herunter gewirtschaftet haben, oder zumindest andere nicht daran gehindert.

Alles das wollen sie natürlich nicht, sondern verbreiten lieber über die Medien das Bild vom faulen Sozialschmarotzer, der nun mal gar keine Arbeit will. Die Millionen anderen die händeringend suchen, werden so aus dem Licht der Öffentlichkeit geschoben.

Den Kommunen geht es an den Kragen

Und mit der Agenda 2010 – in deren Genuss unsere Gesellschaft ja nun gekommen ist – wurde dieses Primat der Wirtschaft („Sozial ist, wer Arbeit schafft!“) nun in Beton gegossen. Seidem damals die rot-grüne Regierung vor den Wirtschaftsinteressen eingeknickt ist, gab es keine ernst zu nehmenden Versuche mehr, den Zustand zu ändern und das dadurch produzierte Leid aufzufangen. Man braucht sich nur umzusehen und mit anderen Menschen zu sprechen. Verschuldete Kommunen, Leerstände in den Städten, ein heruntergekommenes Straßenbild, Asoziale Unternehmenspraktiken, lange Gesichter allerorten. Ein Zustand der sich nicht verbessert, sondern immer weiter verschärft. Da helfen auch die geschönte Zahlen der Arbeitslosenstatistik nicht.

Ein Versagen bei den Hartz IV-Verhandlungen bringt nun die Kommunen noch weiter in Bedrängnis: „Wenn die vom Bund angebotenen Entlastungen bei den Sozialausgaben jetzt nicht kommen, werden die Spar- und Gebührenerhöhungsorgien der Kommunen weitergehen“, wird Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes von RP Online zitiert. Immerhin würde die durch die vom Bund übernommene, soziale Grundsicherung für alte Menschen diese ab 2014 um jährlich 4 Milliarden entlasten. Das ist ja schon was. Bleibt dies aus, so heißt  das im Klartext, es wird den Menschen in der nächsten Zeit noch schlechter gehen als jetzt – nicht besser. Das macht wütend: So rät der Paritätische Wohlfahrtsverband bereits zu einer Klage gegen die gescheiterte Reform.

In diesem Spiel haben sich alle beteiligten Parteien von ihrer schlechten Seite gezeigt: Rot-Grün mit ihrer verschrobenen Agenda (hat diese Deutschland langfristig wirklich wettbewerbsfähig gemacht?) und ihrer offensichtlich verfassungswidrigen Berechnung der Hartz IV-Regelsätze; die Regierung aus CDU/CSU und FDP durch ihre weder christliche, noch (im Wortsinne) liberale Politik gegenüber den Armen in Deutschland – seit Übernahme der Amtsgeschäfte. Man setzt auf die Wirtschaft, doch diese macht was sie will, beutet Staat und Arbeitnehmer erst aus, um sie dann fallen zu lassen – oder, wie im Fall der Banken, kräftig zur Kasse zu bitten.

Ein trauriges Theaterstück

Langsam aber sicher gerät Deutschland nun in eine bedrohliche Schieflage. Denn einerseits wird es immer unwahrscheinlicher, dass unser Land seine Schulden irgendwann meistert, ohne eine fiskalpolitische Zäsur, einen Währungsschnitt o.ä. Andererseits bringen die Politiker das eigene Volk sehenden Auges immer mehr gegen sich auf, indem sie augenscheinlich nicht mehr in der Lage sind, gerechte Entscheidungen zu treffen, ohne die Allianz mit den Wirtschaftsinteressen im Hintergrund zu gefährden. Man hält die Milliarden umschlungen, will sie für sich selbst und eigene Interessen behalten.

Immerhin hat der Bundestag den Appell von LobbyControl für ein Lobbyregister (in welchem die Lobbyisten Berlins namentlich und ihren Funktionen nach aufgeführt werden sollten) mit Stimmen der CDU und FDP abgelehnt. Das passt doch irgendwie gut zusammen. Die Regierungskoalition habe keinerlei Interesse an Transparenz und Schranken für Lobbyisten, so LobbyControl. Und das zeigt ja bereits, wer hier wem verpflichtet ist.

Ruinierte Kommunen können an Privatinvestoren verschachert werden – denn sie brauchen Geld. Und verarmte und verängstigte Menschen tragen die unmöglichsten politischen Entscheidungen mit, um nicht unter die Räder zu kommen. So einfach ist wohl unterm Strich die Erklärung für dieses traurige Theaterstück, dass derzeit auf der politischen Bühne aufgeführt wird.

Alle Betroffenen finden übrigens hilfreiche Informationen auf der Website gegen-hartz.de

Bildquelle:
Pixelio.de, peterries