Gestern kam der Bericht »Umsteuern für soziale Gerechtigkeit« von Oxfam heraus. Mit bestürzenden Fakten. Unsere Zusammenfassung und die Forderung für faire Steuern.

Die Krisen der letzten Jahre sorgen dafür, dass mehrere Scheren immer weiter auseinander gehen: Zwischen Arm und Reich. Zwischen Globalem Norden und Globalem Süden. Zwischen Mann und Frau. Zwischen Schwarz und Weiß. Und das hat leider System, wie die Organisation Oxfam in ihrem neuen Bericht »Umsteuern für soziale Gerechtigkeit« zeigt: In den letzten Krisenjahren findet eine gigantische Umverteilung von »unten« nach »oben« statt. Ein Umsteuern wäre möglich – mit fairen Steuern.

Reiche werden immer reicher …

Während in der Finanz-, der Corona- und der Energiekrise viele immer ärmer wurden, haben einige wenige kräftig dazu bekommen: »Schon in den letzten zehn Jahren hat das reichste Prozent der Menschheit mehr als die Hälfte des gesamten neu erwirtschafteten globalen Vermögens erhalten, seit 2020 sogar fast zwei Drittel«, schreiben die Autor:innen des Oxfam-Berichtes.

26 Billionen US-Dollar (63 Prozent) des gesamten neuen Vermögens ging an das reichste 1 Prozent. Die restlichen 16 Billionen US-Dollar (37 Prozent) mussten sich die restlichen 99 Prozent der Weltbevölkerung teilen. »Für jeden seit 2020 neu erwirtschafteten US-Dollar an Vermögen, den jemand aus den unteren 90 Prozent gewonnen hat, hat ein*e Milliardär*in 1,7 Millionen US-Dollar erhalten«, so die Oxfam-Autor:innen.

Insgesamt besitzt das reichste 1 Prozent der Weltbevölkerung damit 45,6 Prozent des gesamten weltweiten Vermögens. Die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung besitzt lediglich 0,75 Prozent. Das liegt unter anderem daran, dass manche Konzerne gigantische Übergewinne machen, für die sie keine fairen Steuern zahlen. Ein Beispiel: Pharma-Konzerne konnten mit überhöhten Corona-Impfstoffen ordentlich Gewinne machen – während sich viele arme Länder diese schlicht nicht leisten konnten.

Quelle: Oxfam.de

Arme werden immer ärmer …

Parallel dazu steigt die Armut weltweit zum ersten Mal seit 25 Jahren wieder. »Im Jahr 2020 wurden über 70 Millionen Menschen zusätzlich in die extreme Armut gedrängt und müssen mit weniger als 2,15 US-Dollar pro Tag auskommen«, steht im Oxfam-Bericht. Und die Situation ist 2022 mit den steigenden Lebenshaltungskosten noch schwieriger geworden. Bis zu 828 Millionen Menschen hungern.

Auch in Deutschland steigt die Armut. Die Oxfam-Autor:innen schreiben: »Schon Ende 2021 hatte diese laut Paritätischem Wohlfahrtsverband einen Rekordwert erreicht: ‚Mit 16,6 Prozent mussten 2021 13,8 Millionen Menschen in Deutschland zu den Einkommensarmen gerechnet werden. Noch nie wurde auf der Datenbasis des Mikrozensus eine höhere Armutsquote für das Bundesgebiet gemessen.‘ […] Etwa zwei Millionen Menschen mussten 2022 die Tafeln in Anspruch nehmen, das sind zirka 50 Prozent mehr als im Vorjahr«.

Von dem gesamten neuen Vermögen, das zwischen 2020 und 2021 in Deutschland erwirtschaftet wurde, gingen 81 Prozent an das reichste Prozent, während die restlichen 99 Prozent nur 19 Prozent erhielten.

Frauen und BIPoC besonder betroffen

Von diesen Entwicklungen sind Frauen, Black, Indigenious und People of Color (BIPoC) besonders betroffen. Weltweit sollen laut Oxfam-Bericht 64 Millionen Frauen ihre Arbeitsplätze verloren haben. Gleichzeitig nahm für Frauen die Zeiten für unbezahlte Care-Arbeit zu. »Laut dem Weltwirtschaftsforum dauert es nach aktuellem Trend noch 132 Jahre, bis weltweit Geschlechtergerechtigkeit erreicht ist – vor der Corona- Pandemie waren es bereits völlig inakzeptable 100 Jahre«, so Oxfam.

Das gilt auch für Deutschland. Der Anteil von Frauen unter den richtig reichen Menschen nimmt stetig ab. »In der Gruppe der Millionär:innen liegt der Frauenanteil bei lediglich etwa 31 Prozent«, so der Oxfam-Bericht. Insgesamt hätten Frauen in Deutschland durchschnittlich rund 30 Prozent weniger Vermögen als Männer, der so genannte Gender Wealth Gap. Und daran wird sich auch nicht viel ändern. Denn – wie Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, laut Oxfam-Bericht feststellt: »Es gibt kaum ein Land auf der Welt, das Arbeit stärker und Vermögen – inklusive Erbschaften und Schenkungen – geringer besteuert als Deutschland.«

Quelle: Oxfam.de

Umsteuern durch faire Steuern

Oxfam fordert als Lösung ein Umsteuern durch faire Steuern. Ein gerechtes Steuersystem spielt bei der fairen Verteilung von Vermögen in einem Land, einem Staatenbund und der Welt insgesamt eine wesentliche Rolle. In den letzten vier Jahrzehnten sind die Spitzensteuersätze auf Einkommen, die Steuern auf Kapitalerträge, die Steuern für Großunternehmen sowie die Vermögens- und Erbschaftssteuern weltweit immer weiter gesenkt worden. Im Gegenzug sind die Vermögen der Superreichen immer weiter gestiegen. Gleichzeitig haben die meisten Länder die Mehrwertsteuer erhöht, um die Ausfälle bei den Steuereinnahmen auszugleichen. Diese Steuern treffen die ärmsten Menschen allerdings besonders stark, weil sie einen höheren Anteil ihres Einkommens für Dinge des täglichen Bedarfs ausgeben.

Oxfam fasst am Ende seines Berichts noch mal die wichtigsten Punkte zusammen, warum faire Steuern so wichtig sind:

  • Nur durch faire Steuern können wir Hunger und Armut beseitigen
  • Nur durch faire Steuern können wir Rassismus verringern und Geschlechtergerechtigkeit erreichen
  • Faire Steuern für Reiche schützt unser Klima. Denn »der CO2-Fußabdruck eines:r Milliardär:in ist mehr als eine Million Mal größer als der eines Menschen aus den unteren 90 Prozent«, Oxfam.
  • Faire Steuern verringert ein Machtungleichgewicht in der Demokratie durch Lobbyismus und ähnliches.
  • Faire Steuern verschafft dem Staat Geld, um Maßnahmen für Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit umzusetzen.

Forderung an die Regierung

Aus diesen Gründen kommt Oxfam dazu, von der Bundesregierung die folgenden Maßnahmen zu fordern:

  • Faire Steuern für Übergewinne
  • Ausnahmen bei der Erbschaftssteuer beenden
  • Vermögenssteuer wieder einführen
  • Einmalige Solidaritätsabgabe von Millionär:innen und Milliardär:innen
  • Entwicklungsetat erhöhen
  • Privatisierungen rückgängig machen
  • Mittel für Klimaschutz erhöhen
  • Sozial-ökologische Investition in Unternehmen vor Gewinnausschüttungen stellen
  • Unternehmen an das Gemeinwohl binden
  • Vielfältige Interessenvertretungen in Leitungsgremien von Unternehmen sicherstellen

Den Bericht von Oxfam kannst du dir hier als PDF herunterladen: https://www.oxfam.de/ueber-uns/publikationen/oxfams-bericht-sozialer-ungleichheit-umsteuern-soziale-gerechtigkeit