Protestaktion: Menschenrechte gehen vor Profite

Was wäre eigentlich, wenn wir die Menschenrechte als Basis für jede wirtschaftliche Entscheidung nutzen würden?

Dann sähen die Gewinnchancen der Unternehmen, Unternehmer und Finanziers zwar nicht mehr ganz so gut aus – aber vielleicht wären wir einer besseren Welt ein deutliches Stückchen näher gekommen. Ganz sicherlich würde es dann jedoch nicht die Entscheidung geben, im Lebensraum der Evenken – einem Volk in Sibirien, das vowiegend Rentiere züchtet, ein riesiges Wasserkraftwerk zu bauen. Denn dafür muss genau die Fläche geflutet werden, die dieses Volk bewohnt (das berichtet zumindest die Gesellschaft für bedrohte Völker, GfbV). Mit anderen Worten: die Evenken, die dort leben, sind in ihrer Existenz bedroht.

„Die Evenken sind kategorisch gegen den Bau eines riesigen Wasserkraftwerks in ihrem Gebiet. Wenn sich die indigene Bevölkerung so engagiert gegen ein solches Vorhaben einsetzt, sollte die Regierung dies berücksichtigen und von ihren Plänen Abstand nehmen“, sagte der Vizepräsident der Dachorganisation der indigenen Gruppen Russlands, RAIPON, Dmitri Bereshkov, laut GfbV. Zum Bau des rund 13 Milliarden US Dollar teuren Wasserkraftwerks mit dem Namen „Evenkische Wasserkraftanlage“ soll am unteren Tunguska-Fluss eine Fläche mehr als zehnmal so groß wie New York geflutet werden. 2.000 der noch rund 35.500 evenkischen Rentierzüchter in ganz Russland müssten daher umgesiedelt werden, schreibt die GfbV.

Dabei gehören die Evenken ohnehin zu den indigenen Völkern, die seit Jahrzehnten gebeutelt, Schwierigkeiten haben, eine eigene Indentität zu wahren bzw. wieder aufzubauen, wie die GfbV berichtet: Die Evenken gehören zu den so genannten kleinen Völkern des Nordens, waren ursprünglich Nomaden und lebten als Fischer, Pelztierjäger und Rentierzüchter. In den 1930er Jahren seien sie zur Sesshaftigkeit gezwungen worden.

Kaum hätten sie sich daran gewöhnt, kam der Zusammenbruch der Sowjetunion und damit die Wirtschaftkrise, die sie besonders hart getroffen habe. Nun teilen das Schicksal vieler sesshaft gemachter Nomadenvölker: Arbeitslosigkeit und Alkoholismus. Für dieses Volk ist es besonders schwer, wieder eine eigene Identität zu entwickeln, denn von den 35.500 Evenken, die es heute schätzungsweise noch gibt, leben nur etwa 8.000 in ihrem autonomen Kreis. Der Rest ist weit über Jakutien, China und die Mongolei verstreut, ein Umstand, der zu einer Isolierung der einzelnen evenkischen Gruppen geführt hat.

Der Projektplan der russischen Regierung sehe nun vor, dass eine Million Hektar Wald – der zudem auch für den Klimaschutz weltweit eine wichtige Rolle spiele – geflutet werden muss. Zusätzlich ist eine Flutung von Gebieten am unteren Tunguska-Fluss vorgesehen, in denen in den 1970er Jahren Atomtests durchgeführt wurden.

Die Pläne zum Bau des gigantischen Wasserkraftwerks stammen aus den 1980er Jahren. Am Ende dieser Dekade gelang es unter Michail Gorbatschow und durch das Engagement der ersten russischen Umweltschützer, das Projekt zu stoppen. Dass es nun wieder aktuell ist und gegen den Widerstand der Indigenen durchgesetzt werden soll, macht die autoritäre Politik der russischen Regierung und der staatseigenen Unternehmen, in diesem Fall RusHydro, deutlich.

Die GfbV bittet deshalb darum, dass sich möglichst viele dem Protest der Evenken von Deutschland aus anschließen, indem Sie einen vorbereiteten Brief an den russischen Premierminister Wladimir Putin schicken. Die Briefvorlage findet man hier: www.gfbv.de